Eine Etappe auf dem Weg aus der Hölle
Frankfurter Rundschau
Die neuen Regeln der EU sind ein Fortschritt im Kampf gegen Angriffe auf Frauen. Es müssen aber noch weitere Schritte folgen. Der Gastbeitrag.
Jeden Tag sterben in der EU sieben Frauen durch geschlechtsspezifische Gewalt, meist durch ihre Partner. Nach jahrelangem politischen Druck kann es jetzt zu einem Fortschritt im Kampf gegen Angriffe und für Vorbeugung kommen – dem weitere folgen müssen.
Die Europäische Union (EU) ist herausfordernd: Es ist schwierig, 27 Staaten zusammenzubringen und Fortschritte zu erzielen. Noch schwieriger sind Vereinbarungen in einem politischen System, das noch immer von patriarchalischen Strukturen geprägt ist, mit zugrunde liegenden frauenfeindlichen Gewohnheiten, die hin und wieder zum Vorschein kommen. Deshalb sollten uns Skandale wie #Sofagate kaum überraschen, bei dem die EU-Kommissionspräsidentin von einem Staatsoberhaupt, übergangen und ignoriert wurde, während Gesprächspartner den männlichen Ratspräsidenten Charles Michel bevorzugten.
Dabei sind öffentliche Diskriminierungen nur die Spitze des Eisbergs. Ungleichbehandlung ist für die meisten Frauen Alltag. Auch wenn wir bei der Lohngleichheit oder dem Durchbrechen der gläsernen Decke in Unternehmen Fortschritte machen, ist die brutalste Form der Diskriminierung wohl die oft verborgen ausgeübte und daher am schwersten auszurottende: geschlechtsspezifische Gewalt.
In den vergangenen Jahren haben wir dank des beharrlichen Drängens progressiver Kräfte Fortschritte bei der Gleichstellung erzielt. Wir haben nun ein ausgewogenes Kollegium von EU-Kommissarinnen und -Kommissaren sowie bald europaweit obligatorische Quoten für Frauen in Aufsichtsräten.
Entscheidendes haben wir jedoch noch zu erledigen: eine Verpflichtung gegenüber Frauen, die Gewalt erfahren. Jeden Tag sterben in der EU sieben Frauen durch geschlechtsspezifische Gewalt, meist durch ihre Partner. Zwischen 12 und 15 Prozent der Frauen erleben diese Hölle täglich. Sie schaffen es damit nicht auf die Titelseiten, sind oft nur Randnotizen in den Nachrichten.