Ein Zeichen an alle Kritiker
Süddeutsche Zeitung
Die deutschen Langläuferinnen werden völlig überraschend Zweite in der Olympia-Staffel. Das bestätigt Teamchef Peter Schlickenrieder, der auf das Prinzip des mündigen Athleten baut.
Sophie Krehl war überrascht. Denn dies war Olympia. Jenes traditionelle Elitetreffen, um das sich die ganz großen Legenden ranken. Wenn ältere große Skisportler von den Spielen erzählen, dann geht es meist ums Maximale, das Podium, die Medaille, den Platz in der eigenen Sportgeschichte, die im Langlauf sehr weit zurückreicht. Jedenfalls stand dann die junge Olympiadebütantin Krehl am Samstag vor der letzten Runde der Frauenstaffel als Schlussläuferin bereit und zwar ganz vorne.
"Als Allererste auf die Strecke zu gehen, das war eine neue Situation", sagte Krehl hinterher. Neu war ebenso die Situation, dass Krehl am Ende wenn auch nicht Gold, so doch Silber abgesichert hatte. Was dem Quartett von Trainer Peter Schlickenrieder vermutlich egal war, weil man - wenn überhaupt - schon mit Bronze zufrieden gewesen wäre. Nach Jahren des Misserfolgs, nach einer missratenen Heim-Weltmeisterschaft in Oberstdorf, ging es um ein Zeichen an alle Kritiker.
Die Starterinnen um Goldgewinnerin Denise Herrmann wollten all die positiven Eindrücke nutzen, um diese Winterspiele zu ihren zu machen. Das Ergebnis: Der schlechteste Sprint deutscher Biathletinnen bei Olympia. Von Saskia Aleythe
Und dieser zweite Platz zwischen Gold, das schließlich an Russland ging, und Bronze (Schweden) war vielleicht auch genau richtig an diesem Tag. Von dem wird die Langlaufgemeinde des Deutschen Skiverbands und das Quartett Katherine Sauerbrey, Katharina Hennig, Victoria Carl und Sophie Krehl noch länger schwärmen, etwa darüber, wie gut alles gelaufen war und wie unglaublich knapp es am Ende noch wurde, so knapp, dass Krehl so etwas wie "Todesangst" verspürte, und am Ende der Teamchef Peter Schlickenrieder mit den Tränen kämpfte.
"Ich denke, das ist das, was den Langlauf ausmacht", sagte Schlickenrieder. Man hatte sich vorgenommen, mit diesem Tag auch einen Beweis zu führen, nämlich, dass das Langlaufen als Spitzensport im deutschen Verband eine Zukunft hat. Schlickenrieder hatte daher bewusst immer wieder eine Medaille als Ziel ins Gespräch eingestreut. Genauso wie er auch erwähnte, dass der Unterbau für die Zukunft tragfähig bleibt. Und Langlaufen werde auch nicht durch den Schneemangel abgeschafft, auch diese Meinung hatte er zuletzt mit durchaus guten Argumenten dargelegt. Und schließlich sollte mit einer Medaille auch sein Trainingskonzept vom reifen Athleten bestätigt werden, was nun von Anfang an gelang.