Ein Deutscher zwischen Protz und Action
Süddeutsche Zeitung
So gewaltige Bauwerke wie das Big-Air-Stadion bei den Winterspielen gab es noch nie bei Olympia. Ihr Erfinder ist der Allgäuer Dirk Scheumann - ein Mann mit Visionen, die in China gut ankommen.
Am Anfang war der Schrottplatz. Dirk Scheumann war Anfang zwanzig, fuhr für Deutschlands erstes Freeski-Team, aber langweilte sich an seinem Hausberg fürchterlich, weil es keine Schanzen, keine Rails, kein Garnichts gab, was Freeskiern Spaß macht. Als gelernter Zimmerer und Bautechniker dachte er sich: "Bau' ich mir halt selbst was."
Auf dem Schrottplatz suchte er ein bisschen was zusammen und begann zu sägen, zu hämmern und zu schaufeln. "Das war reiner Egoismus", erinnert er sich, "es gab einfach nichts Anständiges bei uns in der Ecke, und ich wollte halt fahren ..." Sein Plan: über den Winter die Zeit bis zum Studium überbrücken. Hat nicht geklappt. "Ich bin dann tatsächlich in diesem Business hängengeblieben", sagt der heute 43-Jährige, und dieses Business hat den Kemptener nun bis nach China gespült: als Bauherr der wohl spektakulärsten Slopestyle- und Big-Air-Anlagen, die je für Olympische Spiele gezimmert wurden.
Was mit ein paar hingeklopften Kickern am Fellhorn im Allgäu begann, ist heute das weltweit operierende Unternehmen Schneestern mit 65 Angestellten. 13 davon, inklusive Chef, sind seit Anfang Januar in Peking beziehungsweise in den Bergen in Zhangjiakou, um die besten Snowboarder und Freeskier mit dem in den vergangenen drei Jahren entwickelten Kurs vor ein paar Herausforderungen zu stellen.
Immer die chinesische Schneemauer entlang: Slopestyle in Zhangjiakou.
Die Boarder haben die Slopestyle-Wettkämpfe schon hinter sich und zeigten sich beeindruckt von der Abfolge der Kicker und Rails: "Das ist kein Standard", lobte Freestyle-Bundestrainer Michael Dammert, "da ist Kreativität gefragt." Kreativ waren die Kursbauer nicht nur bei den wie mit dem Meißel ziselierten Hindernissen, sondern auch bei der 200 Meter langen und fünf bis sechs Meter hohen Nachbildung der Chinesischen Mauer. Das sei keine ornamentale Ranschmeiße an die Veranstalter, sondern vielmehr eine Notwendigkeit, die man von Anfang an im Konzept hatte, sagt Scheumann: "Bei den Test-Events in den letzten Jahren hatte es da oben einen starken Westwind. Das war teilweise kritisch für die Fahrer. Und schließlich haben wir aus den Problemen von 2018 gelernt."