
Ein Ausländer namens Picasso
Frankfurter Rundschau
Pablo Picasso wurde in Frankreich sehr schlecht aufgenommen, auch wenn er dort Zeit seines Lebens arbeitete. Jetzt erst kommt das Polizeidossier des genialen Malers ans Licht.
Paris - Man glaubte, alles zu wissen über den berühmtesten Maler, Zeichner und Bildhauer des 20. Jahrhunderts. Doch über einen Aspekt sprach Picasso selbst sehr ungern: über den höchst unangenehmen, ja ablehnenden Empfang, den ihm die französischen Behörden bereiteten, gefolgt von 40 Jahren voller Verdächtigungen und Anfeindungen, die auch sein Werk beeinflussten.
Für Frankreich, das sich gerade für Künstler als „terre d’accueil“ (Hort der Aufnahme) empfindet, ist die Enthüllung von Picassos Polizeidossier kein Ruhmesblatt. Das macht ein mehr als 700-seitiges Buch namens „Un étranger nommé Picasso“ (Ein Ausländer namens Picasso) klar, verfasst von Anne Cohen-Solal und erschienen bei Fayard in Paris. Mit dem entdeckten Material hat die französische Historikerin zudem eine ganze Ausstellung geschaffen. Sie ist in Paris bis 13. Februar zu sehen – und nicht etwa in einem der großen Kunsttempel, sondern folgerichtig im „Nationalen Museum für die Geschichte der Immigration“.
Picasso, 1881 in Málaga geboren, kam im Alter von 18 Jahren erstmals nach Frankreich, als er die Weltausstellung besuchte. Laut der offiziellen Biografie war er so eingenommen von Frankreich, dass er bis zu seinem Tod dort lebte und über die kommenden Jahrzehnte rund ein Dutzend Wohnsitze zwischen Paris und der Côte d’Azur hatte. Mit den „Demoiselles d’Avignon“ wurde er 1907 zu einer Ikone des Kubismus, ja der Moderne; dank der Blauen und Rosa Periode etablierte er sich nach dem Ersten Weltkrieg als einer der führenden Maler Frankreichs, um 1932 seine erste große Ausstellung zu erhalten.