Eigenverantwortung ersetzt Corona-Maßnahmen
ZDF
Seit einem Monat gibt es in Dänemark keine Corona-Maßnahmen mehr. Statt Einschränkungen gilt Eigenverantwortung - trotz hoher Infektionszahlen.
Schuhe kaufen in Aarhus - eigentlich gar nichts Besonderes, aber für die wenigen Touristen aus Deutschland ein Erlebnis: Keine Mundschutzpflicht, nirgendwo in dem kleinen Schuhgeschäft in der Fußgängerzone von Aarhus irgendwelche Ermahnungen, Abstand zu halten. Und eine freundliche Verkäuferin, die hofft, dass nun mit dem Frühling wieder viele Deutsche kommen, die Urlaub von den Corona-Restriktionen in ihrem Land machen wollen.
Auch in den meisten anderen Geschäften und in der Fußgängerzone der 336.000-Einwohnerstadt an der Ostküste Jütlands ist der Mundschutz verschwunden. An diesem Tag sehe ich nur drei - junge Menschen -, die einen Mundschutz tragen.
Und das, obwohl die Infektionsrate immer noch sehr hoch ist. Allerdings sinkt sie seit einer Woche kontinuierlich. Dafür liegen in den Krankenhäusern des Landes nun mehr Menschen, die mit dem Virus infiziert sind, als noch vor einem Jahr. Jedoch sind die wenigsten wegen Covid im Krankenhaus. Die Patienten kommen eher wegen anderer Krankheiten und sind zusätzlich mit Covid infiziert.
Laut des Statens Serum Instituts, der obersten dänischen Behörde zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten, beträgt die Anzahl der Infizierten, aber nicht wegen des Virus hospitalisierten Patienten 40 Prozent.
Prof. Dr. Michael Bang Petersen, Politikwissenschaftler an der Universität Aarhus und Mitglied des Corona-Expertenrats der dänischen Regierung, erklärt, warum Politik und Bevölkerung trotz anhaltend hoher Infektionsrate weiter gelassen sind:
"Was in der dänischen Epidemie geschehen ist, ist eine Abkopplung; zwischen der Infektionsrate und der Hospitalisierungsrate, vor allem der Hospitalisierungsrate von schwer erkrankten Personen, die dann auf die Intensivstation müssen."
Zusammengefasst: Das Gesundheitssystem sei weiterhin nicht überlastet. "Wenn wir uns das Gesetz ansehen, das hier in Dänemark den Umgang mit der Epidemie regelt, so fordert es, dass es eine Bedrohung der kritischen Infrastruktur der Gesellschaft geben muss, bevor man Restriktionen veranlassen kann. Und die Erkenntnis war nun, dass das nicht mehr der Fall ist. Deshalb wurden die Restriktionen aufgehoben", sagt Bang Petersen.