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EGMR: Türkei muss Yücel Schadenersatz zahlen
DW
Knapp vier Jahre nach der Freilassung des Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft hat der Menschenrechtsgerichtshof über dessen Beschwerde entschieden.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat die Türkei wegen der Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel verurteilt. Das Vorgehen der Justiz habe die Menschenrechte Yücels auf Freiheit und Sicherheit sowie auf freie Meinungsäußerung verletzt, heißt es in der Entscheidung der Straßburger Richter. Ankara muss nun 12.300 Euro Entschädigung an den Journalisten zahlen und 1000 Euro an Verfahrenskosten erstatten. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig - die Prozessparteien können es innerhalb von drei Monaten anfechten.
Hintergrund ist eine Beschwerde des deutsch-türkischen Journalisten. Der heute 48-Jährige sieht seine Menschenrechte durch die Haft in der Türkei verletzt. Der "Welt"-Korrespondent war von Februar 2017 bis Februar 2018 ohne Anklageschrift im Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul inhaftiert.
Erst nach langem politischen Tauziehen zwischen Ankara und Berlin kam er frei und konnte ausreisen. Gleichzeitig wurde jedoch Anklage erhoben. Im Juli 2020 wurde Yücel in Abwesenheit wegen Terrorpropaganda für die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK zu knapp zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Hiergegen hatte der Journalist Revision eingelegt. Eine Entscheidung steht noch aus.
Menschenrechtler hatten das Verfahren in der Türkei als politisch motiviert eingestuft. Die Türkei steht auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen auf Platz 153 von 180, noch hinter Venezuela, der Demokratischen Republik Kongo und Russland. Spätestens seit dem Putschversuch im Jahr 2016 geht die Regierung mit großer Härte gegen kritische Journalisten vor. Viele Medienvertreter sitzen wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.
jj/sti (dpa, afp, kna)