
Dystopischer Protest: Demo gegen „grüne“ EU-Atomkraft in Frankfurt
Frankfurter Rundschau
Performance des Koala-Kollektivs an der Euroskulptur: In Frankfurt demonstrieren Dutzende Menschen gegen „Greenwashing“ der EU bei Atomenergie und Gas.
Frankfurt – Bedrohliche Musik, giftig wirkende Nebelschwaden, dazu die Geräusche eines Geigerzählers – wer am Dienstagnachmittag (11.01.2022) am Willy-Brandt-Platz entlangspazierte, bekam ein dystopisches Szenario vor Augen geführt. Knapp ein Dutzend junger Menschen, bekleidet mit Schutzanzügen und Gasmasken, hatte sich vor der Euroskulptur im Bankenviertel versammelt, um gegen einen geplanten EU-Beschluss zu protestieren. „Don‘t fuck our future“, forderten sie auf Schildern und Plakaten, und „Stop EU‘s Greenwashing“.
Konkret geht es ihnen um die drohende Aufnahme von Erdgas und Kernkraft in die EU-Taxonomie, welche Investitionen in entsprechende Energieträger als umwelt- und klimafreundlich deklarieren würde. In grünen Kreisen stößt diese Idee seit ihrer Einführung auf Kritik: Sowohl Politiker:innen als auch soziale Bewegungen wie Fridays for Future befürchten einen klaren Rückschritt in Sachen Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Energiewende.
„Die Nutzung von Erdgas und Kernkraft geht mit enormen Gefahren und teils hohen CO2-Belastungen einher“, meint auch Hannah Fischer vom Koala-Kollektiv. Mit ihrer Aktion wollen sie die Bundesregierung deshalb dazu auffordern, im Ministerrat gegen den Vorstoß der EU-Kommission zu stimmen und sich der geplanten Klage von Österreich und Luxemburg anzuschließen.
Unterstützt wurden die Aktivist:innen dabei nicht nur von Mitgliedern ihrer eigenen Generation. Auch Vertreter:innen von Greenpeace, dem Anti-Atomkraft-Verein „ausgetrahlt“ sowie der evangelischen französisch-reformierten Gemeinde waren am Dienstag vor Ort. Gisa Luu, die sich bereits in den 70er Jahren gegen Atomkraft engagierte, hatte ein besonderes Mitbringsel dabei: Ihr Transparent mit der Aufschrift „Atomkraftgewinnung? Um Gottes Willen nein“, entstand einige Wochen vor dem Austrittsbeschluss im Jahr 2011. Dass sie es heute, elf Jahre später, wieder herausholen muss, hält Luu für „absurd und beschämend“.
Ob der Widerstand gegen das Projekt letztendlich Erfolg haben wird, wisse sie nicht. Doch für seine Überzeugungen einzustehen sei „immer sinnvoll und notwendig“. (Elisa Schwarze)