Doppelt so viele Fälle von Kindesmissbrauch
DW
Im vergangenen Jahr fielen in Deutschland 49 Kinder täglich sexualisierter Gewalt zum Opfer. Kurz nachdem diese Statistik veröffentlicht wurde, mussten Ermittler neue Fälle "unvorstellbarer Brutalität" bekannt geben.
Der Besitz, die Herstellung und die Verbreitung von Darstellungen sexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen stieg 2021 um 108,8 Prozent und verdoppelte sich damit im Vergleich zum Vorjahr, wie aus den in Berlin veröffentlichten Zahlen der polizeilichen Kriminalstatistik hervorgeht.
Im vergangenen Jahr wurde demnach in mehr als 39.000 Fällen von Kinderpornografie Anzeige erstattet - im Vorjahr waren es knapp 18.800 Fälle. Auch die Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch stiegen um 4,6 Prozent auf mehr als 17.700 registrierte Straftaten. Die Ermittler gehen allerdings von einem vielfach höheren Dunkelfeld aus.
Der Präsident des Bundeskriminalamts (BKA), Holger Münch, betonte, bei den Behörden gingen mehr Hinweise ein. Das sei sehr zu begrüßen. "Schwerste Gewalttaten gegen Kinder und Jugendliche als schwächste Mitglieder der Gesellschaft sind besonders zu ächten, zu verfolgen und zu beenden", erklärte Münch. Angesicht der steigenden digitalen Datenmengen arbeiteten das BKA und die Länder "mit Hochdruck" daran, die technischen sowie personellen Ressourcen auszubauen und Verfahrensabläufe zu verbessern.
Nach Angaben der Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, ist Europa "zum Drehkreuz bei der Verbreitung von Missbrauchsabbildungen" geworden. Nötig seien daher eine verstärkte europäische Zusammenarbeit und deutlich mehr Investitionen in die personelle und technologische Ausstattung der Ermittlungsbehörden. "Ich hoffe, dass das geplante EU-Zentrum zur Prävention und Bekämpfung der sexuellen Gewalt gegen Kinder bald Realität wird", erklärte Claus.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser nannte es "erschütternd, dass 2021 im Jahresdurchschnitt jeden Tag 49 Kinder in Deutschland Opfer sexualisierter Gewalt wurden". Die Ermittlungsteams im BKA würden weiter deutlich gestärkt. Das müsse auch bei den Länderbehörden passieren. Faeser zufolge wird dies in dieser Woche Thema bei der Innenministerkonferenz sein.