
Dominik-Graf-Film „Fabian“ im Kino: Das Ende der Unschuld
Frankfurter Rundschau
Die Kästner-Verfilmung „Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ ist das bisher feinste Werk von Dominik Graf.
Kann man einen jungen Autor darum beneiden, zur rechten Zeit am rechten Ort zu sein? Erich Kästners „Fabian“ durchstreift um 1931 – da erschien die Originalausgabe des Romans – das babylonische Berlin. Der ausschweifende Hedonismus weckt in ihm freilich eine ebensolche Skepsis wie die künstlerischen Extreme seiner Zeit: Das Problem mit der Avantgarde, sagt er süffisant in Dominik Grafs Verfilmung, sei, dass sie immer so avantgardistisch sein müsse. In diesem Wort kann man nicht nur Kästner wiederfinden, den in seiner literarischen Bedeutung oft Verkannten, sondern vielleicht auch ein Dilemma des deutschen Films. Sehnsüchtig blicken wir zurück in seine Weimarer Blütezeit – als in einer funktionierenden Filmindustrie zugleich weltweit beachtete Kunstwerke entstanden. Allein 1931 kamen unter anderem heraus: Fritz Langs „M“, Leontine Sagans „Mädchen in Uniform“, Georg Wilhelm Pabsts „Dreigroschenoper“ und „Kameradschaft“. Es gab den Großstadtrealismus von „Berlin Alexanderplatz“ und eine Art Jugendausgabe davon gleich mit, „Emil und die Detektive“. Und es gab ein traumtänzerisches Musical wie „Der Kongress tanzt“. Mit diese später in Deutschland exotisch gewordene Einheit von Kunst und Unterhaltung hat sich Dominik Graf nie abgefunden, was besonders in vielen seiner Fernsehkrimis sichtbar wurde. Er ist aber auch, wenn man so will, ein deutscher Martin Scorsese in seinem Eintreten für das nationale Filmerbe. Wer sich ein Bild vom Berlin der 30er Jahre machen will, findet in der Filmgeschichte die beste aller Zeitmaschinen.More Related News