
Djukanovic: "Montenegro ist kein Feind Russlands"
DW
Einen Monat vor der Präsidentschaftswahl in Montenegro spricht Präsident Milo Djukanovic über die Beziehungen des NATO-Staats zur EU und zu Russland. Auch auf den Einfluss Chinas geht Djukanovic im DW-Interview ein.
Seit gut 30 Jahren lenkt Milo Djukanovic die Geschicke Montenegros - er war viermal Premierminister und steht jetzt kurz vor dem Ende seiner zweiten Amtsszeit als Staatschef.
Einen Monat vor der Präsidentschaftswahl in Montenegro ist unklar, ob Djukanovic noch einmal antritt. Eine Entscheidung darüber wolle er in den nächsten Tagen treffen, sagt er im DW-Interview am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz: "Jemand, der drei Jahrzehnte dieselbe Arbeit macht, darf sich wohl müde fühlen und hat auch das Recht zu denken, dass für die Gesellschaft ein neuer Kandidat besser wäre. Wir als Partei nehmen in Betracht, wer am besten helfen könnte, dass sich Montenegro nach zweieinhalbjährigem Herumirren wieder auf einen stabilen Weg der euroatlantischen Entwicklung begibt. In unserem politischen Block beraten wir, welcher Kandidat das am besten sichern kann. Ich hoffe, dass wir aus den Angeboten an Kandidaten in den nächsten Tagen den besten wählen."
Das strategische Ziel Montenegros bleibe auch weiterhin die EU-Mitgliedschaft, so Djukanovic: "Montenegro hat mit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit klar definiert, dass es ein Teil der NATO und der EU werden möchte. Das erste Ziel haben wir erreicht. Auf dem Weg zum zweiten Ziel haben wir zwei sehr wichtige Resultate erzielt. Das erste ist, dass wir zu hundert Prozent die Außen- und Sicherheitspolitik mit der EU harmonisiert haben - und das ist de facto ein Zustand der ganzen letzten Jahre. Darüber hinaus haben wir alle Verhandlungskapitel eröffnet. Aber in der Phase, in der mit dem Abschließen der Kapitel begonnen werden sollte, kam es zur Abschwächung der europäischen Erweiterungspolitik. Leider nahm in der Folge auch der Reformenthusiasmus in allen Ländern des Westbalkans ab."
Auch der Krieg gegen die Ukraine habe die Aufmerksamkeit auf die geopolitische Bedeutung der Integration des Westbalkans gelenkt, sagt der montenegrinische Präsident. Deshalb sei auch die EU zu ihrer aktiven Erweiterungspolitik zurückgekehrt: "Ich denke, dass Montenegro die besten Voraussetzungen hat, um das erste nächste EU-Mitglied zu werden."
Mit Blick auf die angespannte Lage zwischen Serbien und Kosovo warnt Djukanovic vor Ansätzen, die einen "eingefrorenen Konflikt" beinhalten könnten: "Es führt kein Weg an einem Abkommen vorbei. Alle anderen Ideen, wie die von einem eingefrorenen Konflikt, dienen eigentlich nur einer Zerstörungsdoktrin gegenüber Europa und dem Westbalkan als einer europäischen Region. Das ist ganz sicher nicht der Weg, der Gutes bringen würde, weder für Serbien, noch für Kosovo, den Westbalkan oder Europa."