
Djokovic - ein Soldat im Sturm des Krieges
n-tv
Es geht um so viel mehr als um Tennis. An Novak Djokovic arbeiten sich eine gesellschaftliche Debatte ab. Individuelle Freiheit auf der einen Seite, kollektive Verantwortung auf der anderen. Das australische Fiasko zeigt: Es herrscht ein Krieg der Kulturen, der ein Ende finden muss.
Novak Djokovic ist einer der besten Tennisspieler aller Zeiten. Sagenhafte 20. Grand-Slam-Titel hat er auf dem Konto. Genauso viele wie die Altmeister Roger Federer und Rafael Nadal. Von allen drei Profis hat der ungeimpfte Weltranglistenerste Djokovic die besten Karten, den Rekordtitel Nummer 21 zu erreichen - und so reiste der Serbe mit dem Ziel nach Australien gereist, wo er schon neunmal triumphiert hatte, seinen Anspruch auf den Titel des erfolgreichsten Herrenspielers aller Zeiten zu untermauern. Der Rest der Geschichte ist mittlerweile allseits bekannt. Der 34-Jährige ist nun die Personifizierung einer weltweiten Kontroverse.
Am Djokovic-Mikrosmos arbeiten sich die Themen ab, die die Gesellschaften der Pandemie zurzeit beschäftigen. Die große Mehrheit der Geimpften gegen die laute Minderheit der Impfgegner. Die Befürworter gegen die Gegner der Corona-Einschränkungen. Die Spaltung erlaubt kaum noch Grautöne. Held oder Hassfigur.
Djokovic wird von seiner Familie und seinen Anhängern zu Jesus hochstilisiert. Zu Spartakus, zum "Anführer der freien Welt". Djokovics Weigerung, vor einer australischen Regierung zu kapitulieren, die ihn "im öffentlichen Interesse" des Landes verweisen will, weil er nicht geimpft ist, macht ihn in den Augen einiger Rechtspopulisten und Impfgegner zum Märtyrer. Für die große Mehrheit der Australier (und vieler Beobachter weltweit) ist er Satan. Ein verantwortungsloser Egoist, dem Regeln, die Gesundheit anderer und die Gefahren der Pandemie egal sind.