
Diversität feiern - mit Achtsamkeit
DW
Passt ein Sari auf eine Karnevalsfeier? Nervt eine Preußin im Dirndl? DW-Autorin Brenda Haas, selbst aus Malaysia, über den feinen Unterschied zwischen kultureller Aneignung und Wertschätzung.
Vor sechs Jahren sind mein Mann und ich nach Bonn im westdeutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen gezogen. Wir taten, was wir immer taten, wenn wir in eine neue Umgebung kamen: Wir versuchten uns zu integrieren. Wir fanden schnell heraus, dass eines der Highlights des katholisch geprägten rheinischen Kalenders der Karneval ist. Er erreicht seinen Siedepunkt in der Woche vor dem Aschermittwoch, der wiederum den Beginn der christlichen Fastenzeit markiert, 40 Tage vor dem Osterfest. Sich zu kostümieren ist ein wichtiger Bestandteil dieses fröhlichen Treibens.
Jeder der mich kennt, weiß, dass ich keine Gelegenheit auslasse, mich zu verkleiden. Also gingen wir in ein Karnevalsgeschäft, um zu sehen, was es so gab. Es war für jeden etwas dabei: knallbunte Disco-Klamotten, silberne Raumanzüge, von sexy Krankenschwester bis zum Nonnenkostüm, vom Känguru zum Eichhörnchen und... Saris.
Saris? Ich musste zweimal hinschauen. Denn dort hing nicht nur ein Stück Stoff; es war ein Kleidungsstück, mit dem ich mich als Malaysierin indischer Abstammung identifiziere. Genauer gesagt erinnern mich Saris an meine verstorbene Mutter, die sie täglich trug. Ob sie Kleider am Waschbrett ausschlug, Eier aus dem Hühnerstall holte oder Gewürze mit dem Mörser zerrieb - sie erledigte ihre Hausarbeit stets in luftigen Saris aus Baumwolle, die zum tropischen Klima unserer Heimat passten. Ihre schickeren, üppigeren Seide-Saris hob sie sich für Hochzeiten, besondere Anlässe und die Sonntagsmesse auf.
Daher war es etwas verstörend, Saris als Kostüme zu sehen, die dafür da waren, sich als "Narr" zu inszenieren, wie Karnevalsfeiern oft beschrieben werden. So wie es mich in den Neunzigern verstört hatte, Gwen Stefani mit einer Stirn voller Bindis zu sehen - den "Punkten", die indische Frauen zwischen den Augenbrauen tragen und die eine tiefere kulturelle und religiöse Bedeutung haben.
Ich haben zwar den Ausdruck "verstört" gewählt, aber ich fühlte mich nicht angegriffen. Vielleicht, weil ich selbst gerne zu besonderen Anlässen Sari trage. Ich ziehe sie bei Hochzeitsfeiern, kulturellen Festen und kulturübergreifenden Veranstaltungen an. Meine Alltagskleidung ist, was man im Osten als "westlich" bezeichnet - Röcke, Kleider, Jeans und T-Shirts.