Dietzenbacher Angst um die Liebsten in Kabul
Frankfurter Rundschau
Selima Nurzay leitet eine Gruppe afghanischer Frauen in Dietzenbach. Fast alle berichten von Flucht, Angst und Zerstörung in ihrer Heimat.
Salima Nurzay hat Angst. Sie hat Angst um die Kinder und Enkel ihrer Schwester, sie hat Angst um die Eltern der Schwiegertochter, sie hat Angst um den Cousin und seine Familie. Sie alle leben noch in Afghanistan, und die Dietzenbacherin kann nichts für sie tun, außer ihnen online etwas Geld zum Überleben zu schicken. Sie sind auf der Flucht vor den Taliban, konnten kaum etwas mitnehmen. Nurzay leitet eine 30-köpfige Gruppe von afghanischen Frauen, die sich im Verein „Zusammenleben der Kulturen in Dietzenbach“ zusammengefunden haben. Jeden Mittwoch um 15 Uhr treffen sie sich im Bildungshaus. Fast alle teilen aktuell das gleiche Schicksal: Sie haben noch Verwandte in dem Land, das nun von den Taliban beherrscht wird, Sie berichten von Flucht, Vertreibung, Zerstörung, Überfall, Raub – und der Bitte um Hilfe. Sie habe am Sonntag die Bilder im Fernsehen gesehen und die ganze Nacht nicht geschlafen, sagt Salima Nurzay. Ihr Mann ist vor lauter Sorge gar nicht erst in der Lage, über die Geschehnisse zu sprechen. Noch steht sie mit den Verwandten über Whatsapp in Kontakt. Aber wie lange noch? Die 56-Jährige befürchtet, dass die Taliban das Internet lahmlegen oder verbieten werden. Die Eltern der Schwiegertochter sind aus Kandahar nach Kabul geflohen, haben sich dort in Sicherheit gebracht. Nun leben sie zusammen mit sechs anderen Familien in einer Vier-Zimmer-Wohnung. „Jetzt haben sie auch dort Angst“, sagt sie.More Related News