Diese Folgen hat das Importverbot für Deutschland
RTL
Die EU-Kommission fordert ein Importverbot für Kohle aus Russland. Aber kann sich das Deutschland überhaupt leisten? Die vier wichtigsten Fakten im Überblick.
Russland droht wegen der Invasion in der Ukraine ein Kohle-Importverbot der Europäischen Union. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einem möglichst schnellen Ausstieg aus russischer Kohle, wie das Wirtschaftsministerium mitteilt. Aber kann sich Deutschland überhaupt einen sofortigen Kohle-Ausstieg leisten? Die vier wichtigsten Fakten über die Folgen eines Kohle-Lieferstopps.
Lese-Tipp: Alle aktuellen Informationen rund um den Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit im Liveticker
Der Anteil russischer Kohle an den Kohle-Importen der EU liegt nach Angaben der Union bei etwa 45 Prozent. Gleiches gilt für Gas. Der Anteil russischer Ölimporte liegt bei etwa 25 Prozent. Bei den Importen von Kraftwerkskohle, die zur Stromerzeugung genutzt wird, kommt russische Kohle auf fast 70 Prozent, wie die in Brüssel ansässige Denkfabrik Bruegel ausgerechnet hat. Zwischen 20 und 30 Prozent der importierten Kokskohle, die zur Eisen- und Stahlproduktion verwendet wird, komme aus Russland.
Deutschland gehört neben Polen und den Niederlanden zu den größten Verbrauchern von Kohle. Im Zeitraum Januar bis Oktober 2021 stammten 53 Prozent der deutschen Kohle-Importe aus Russland, 17 Prozent aus den USA, 13 Prozent aus Australien, 5 Prozent aus Kolumbien und kleinere Mengen aus Kanada, Polen, Südafrika und Tschechien.
In den vergangenen Jahren sind Bruegel zufolge in der EU wegen der zunehmenden Bedeutung des Klimaschutzes der Verbrauch und die heimische Produktion von Steinkohle zwar zurückgegangen. Der Anteil der Importkohle am Verbrauch ist aber zugleich auf über 60 Prozent gestiegen - wobei die Importe aus Russland stark an Bedeutung gewonnen hätten. Lieferte Russland 1990 noch acht Millionen Tonnen Kohle jährlich in die EU, seien es 2020 rund 43 Millionen Tonnen gewesen.
Die Kohleverbrennung gehört zu den größten Emittenten klimaschädlichen Kohlendioxids. In Deutschland werden noch einige Kraftwerke mit Steinkohle oder Braunkohle befeuert. Heimische Braunkohle, die etwa RWE im Rheinischen Revier fördert und verfeuert, ist noch klimaschädlicher als Steinkohle. Sie muss aber nicht importiert werden, sondern wird im Tagebau hierzulande gewonnen und für die Stromerzeugung eingesetzt. Die Preise für Importkohle sind wie auch die von Gas in den vergangenen Monaten explodiert. Die Analysten der Investment-Bank UBS gehen davon aus, dass es in den nächsten ein bis zwei Jahren keine größere Entspannung bei den Preisen geben wird.
"Der mögliche EU-Import-Stopp für russische Kohle trifft die deutschen Kohlenimporteure nicht unvorbereitet", sagt der Chef des Vereins der Kohlenimporteure, Alexander Bethe. Schon seit Herbst letzten Jahres sei es bei russischer Kohle zu Lieferengpässen gekommen. Seitdem suchten Handel und Verbraucher nach Alternativen. "Es gibt einen gut funktionierenden Weltmarkt mit etwa einer Milliarde Tonnen Steinkohle." Deutschland habe 2021 rund 18 Millionen Tonnen Steinkohle aus Russland importiert. Die russische Steinkohle könne durch Kohle aus Ländern wie USA, Südafrika, Australien, Kolumbien, Mosambik und Indonesien ersetzt werden. Durch die langen Seewege steige zwar der Preis. "Allerdings sollte der komplette Verzicht auf russische Kohle bis zum nächsten Winter möglich sein."
Der deutsche Energieriese EnBW teilte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit, dass derzeit die Versorgung weitestgehend normal verläuft. Der Konzern habe Bestände vorrätig, die bereits weit in das laufende Jahr reichten und insofern auch die Strom- und Wärmeversorgung der Kunden absichere. EnBW sei gerade dabei, die Beschaffung aus alternativen Bezugsländern zu beschleunigen. "Daher halten wir die Situation auch bei einem potenziellen Ausbleiben russischer Kohlelieferungen für kontrollierbar." Mittelfristig könnten ergänzend zu den Lieferungen aus Kolumbien, Südafrika und den USA Verträge mit Australien, Afrika und Asien geschlossen werden. (reuters/aze)