
Die zerstörerischen Triebe des Rafael Nadal
n-tv
Rafael Nadal spielt erst schwach und verletzt sich dann. Am Ende verliert der Titelverteidiger in der zweiten Runde der Australian Open gegen Mackenzie McDonald. Danach gesteht er, dass er schon angeschlagen auf den Platz gegangen war und gibt Einblicke, wie sehr ihm die ständigen Verletzungen zusetzen.
Die Fans in der Rod-Laver-Arena gaben die Hoffnung nicht auf. Auch nicht, als Rafael Nadal sein Aufschlagspiel im dritten Satz zum 5:6 verloren hatte. Zu oft hatte sich der spanische Tennis-Büffel noch aus aussichtslosen Lagen befreit. Nadal abzuschreiben, ist einer der größten Fehler, den man machen kann. Doch an diesem Mittwoch kam es anders. Der 36-Jährige hatte es mit seinem Ehrgeiz übertrieben. Mit unübersehbaren Problemen an der Hüfte humpelte er ab Ende des zweiten Satzes seiner Zweitrundenpartie gegen den Amerikaner Mackenzie McDonald über den Court, kaum noch in der Lage, Bälle aus den Winkeln zu erreichen. Doch aufgeben wollte er nicht.
Und weil er weitermachte, erlebten die Zuschauer in der riesigen Arena eines der seltsamsten Spiele der jüngeren Tennis-Vergangenheit. Bis zum 3:5 aus Sicht von Nadal war es ein spektakuläres Duell. McDonald, die Nummer 65 der Welt, spielte auf einem herausragendem Niveau. Der Spanier hielt dagegen, haderte aber immer wieder mit sich. Alles schon gesehen. Oft mit dem Ende, dass der Tennis-Houdini sich noch befreite. An Marathons auf dem Platz mangelt es in seiner Vita nicht. Doch mit der Verletzung kippte das Spiel in eine bizarre Richtung. Je länger dieses Match dauerte, desto weniger bewegungsfähig wirkte der 22-malige Grand-Slam-Sieger. Seiner Frau Xisca Perelló setzten die bitteren Szenen schwer zu, ihr liefen auf der Tribüne die Tränen herunter.
Und auf ebendiesen Tribünen wuchs die angespannte Hoffnung auf die tausendste Heldengeschichte des Spaniers. Von dieser Atmosphäre ließ sich der US-Amerikaner anstecken. Er verlor die Kontrolle über sein Spiel. Wo waren der Mut und die große Überzeugung aus den ersten beiden Sätzen? McDonald spielte mit der Angst des Hasen vor der Schlange. Statt selbst die Initiative zu behalten, schob er die Bälle zurück und hoffte auf die Fehler des Gegners. Nadal wurde kaum noch in die Ecke geschickt und konnte aus komfortablen Positionen zurückschlagen. Und so stand es plötzlich 5:4 für den Spanier, die Auferstehung war nah. Doch McDonald riss sich wieder zusammen, gewann drei Spiele in Serie, das letzte ohne Mühe. Nadals Traum von der Titelverteidigung war geplatzt.
