Die Vereinten Nationen und ihr anfälliges Finanzsystem
DW
Ob China, Deutschland oder Bangladesch - alle Mitgliedsstaaten zahlen in die Vereinten Nationen ein. Trotzdem bewegt sich die UN oft an der Grenze zur Zahlungsunfähigkeit.
Das UN-Finanzsystem ist ein komplexes Konstrukt. Es verwaltete im Jahr 2019 mehr als 57 Milliarden US-Dollar. Mit dem Betrag werden 43 Organisationen und Programme der UN versorgt. Doch laut der neuen Website der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen fehlten 2021 fast vier Milliarden Euro in der UN-Kasse, weil Staaten ihre Beiträge nicht gezahlt hatten. Wie kann das sein?
Die Vereinten Nationen haben zwei Haushalte: Den ordentlichen Haushalt und den Haushalt für Friedensmissionen. Während der ordentliche Haushalt im Jahr 2020/21 rund drei Milliarden US-Dollar umfasste, waren die Kalkulationen für die Friedenseinsätze mit 6,4 Milliarden US-Dollar mehr als doppelt so hoch. Wie gering diese Beträge für eine internationale Organisation sind, zeigt der Vergleich mit der Stadt New York. Die allein verfügt über ein jährliches Budget von 98 Millionen US-Dollar. Aber wer zahlt denn jetzt eigentlich was?
Jeder Mitgliedsstaat der Vereinten Nationen muss sogenannte Pflichtbeiträge entrichten. Diese werden mit einem Schlüssel anhand der jeweiligen Wirtschaftskraft des Staates berechnet. Die Beiträge finanzieren die Mandate, Konferenzen und Sekretariatskosten. In den letzten Jahren tut sich hier vor allem ein Staat hervor, wie Ronny Patz beobachtet: China. Er ist außerordentlicher Professor für Internationale Politische Ökonomie an der Hertie School of Governance und forscht zum Thema UN-Finanzierung. "China gewinnt durch die Wirtschaftskraft vor allem über diese Pflichtbeiträge an Einfluss. Man merkt, dass sie deutlich mehr inhaltliche Prioritäten in den Haushaltsverhandlungen setzen."
Deutschland setzt hingegen zunehmend auf freiwillige Zahlungen, um den eigenen Einfluss zu erhöhen. Die kann jeder Staat nach eigenem Ermessen leisten. Der Nachteil: Oft sind die Mittel zweckgebunden. Mittel für den Flüchtlingsschutz können so nicht einfach für die Klimakrise genutzt werden. "Das macht das UN-System trotz steigender Gesamteinnahmen zu inflexibel, um auf globale Probleme adäquat reagieren zu können", erläutert Patz.
Neben den verpflichtenden und freiwilligen Beiträgen gibt es außerdem die Möglichkeit zu spenden. Programme wie die Weltgesundheitsorganisation WHO, das Welternährungsprogramm und das Flüchtlingskommissariat werden hauptsächlich über solche Spenden finanziert, letzteres sogar zu 99 Prozent. Vor allem die "Bill & Melinda Gates-Stiftung" erlangte jüngst als Großspender der WHO Bekanntheit. Sie zahlte im vergangenen Jahrzehnt mehr als 270 Millionen US-Dollar an die Vereinten Nationen.