
Die Verantwortung der Claudia Roth
Die Welt
Seit Wochen spitzt sich die Diskussion um die Documenta immer weiter zu. Doch wer dachte, dass in Kassel eine Auseinandersetzung mit antisemitischen Tendenzen in der Kunstszene begonnen habe, irrt. Ein neugegründetes Netzwerk hat jetzt den Persilschein ausgestellt – und der Normalbetrieb läuft. Wie bitte ist das möglich?
Sabine Schormann hat sich gemeldet. Die Generaldirektorin der Documenta hat nicht etwa im Bundestags-Kulturausschuss gesprochen – dort ist sie nicht erschienen. Sie hat auch keine Pressekonferenz einberufen, auf der sie sich den Fragen der Journalisten gestellt hätte. Nein, sie hat eine 14.000-Zeichen-Erklärung auf der Website der Kunstschau hinterlassen. Wer ihren Rücktritt erwartet hatte, wurde enttäuscht. Sabine Schormann „erklärt sich“, heißt es dort.
Jetzt, nachdem alle dran waren: von empörten Parlamentariern über die Künstlerin Hito Steyerl, die ihre Werke aus Kassel abgezogen hat, bis zum Kurator Ade Darmawan von Ruangrupa. Der Tiefpunkt war erreicht, als der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, Meron Mendel, vergangene Woche seinen Rückzug als Vermittler erklärte.