Die unerwartete Wandlung des Schnösels Neymar
n-tv
Der einst als egozentrisch und arrogant verschriene Neymar könnte bei der Fußball-WM in Katar den Torrekord des großen Pelé einstellen. Doch Brasiliens Superstar schaut nicht mehr nur auf sich selbst - er ist zum wichtigen Ratgeber der jungen Spieler geworden.
Wenn Neymar mit seinen goldenen Kopfhörern aus dem Mannschaftsbus steigt, werden Fußball-Romantiker die Augen verdrehen. Ausgerechnet dieser Schnösel soll den Torrekord des großen Pelé einstellen? Der Superstar der Brasilianer, der wie kaum ein anderer Spieler die Fans spaltet, - unter anderem, weil er so selbstverliebt daherkommt, weil er früher für filmreife Schauspieleinlagen bekannt war und als Fan des rechtspopulistischen Ex-Präsidenten Jair Bolsonaro gilt - hat Historisches im Blick: Ein Tor noch - und der als egozentrisch und arrogant verschriene Angreifer stellt sich auf eine Stufe mit dem Allergrößten, diesem Mythos des Weltfußballs.
"Rekorde zu brechen, ist für mich eine große Quelle des Stolzes", sagt der 30-Jährige vor dem Viertelfinale an diesem Freitag (16 Uhr im Liveticker bei ntv.de) gegen Vize-Weltmeister Kroatien, "ich habe einige Dinge erreicht, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie erreichen würde." Auch wenn er jetzt schon Pelés 77 offizielle Tore für die Seleção erreichen sollte - ganz oben auf seiner To-do-Liste steht aber immer noch das Allerwichtigste: Brasilien nach 20 Jahren endlich den "Hexa", den sechsten WM-Titel, schenken - und damit in die Reihe der Legenden aufsteigen. "Wir haben noch drei Spiele", betonte er und meinte damit als Abschluss das Finale am 18. Dezember in Lusail.
Die WM als Ego-Show eines abgehobenen Multimillionärs, der nur auf seine Vita schaut? Seine Teamkollegen widersprechen vehement. "Er ist so wichtig für uns, man kann das gar nicht genug betonen", sagte Kapitän Thiago Silva, "er ist unser Herz, wenn es ihm nicht gut geht, geht es auch der Selecao nicht gut." Verteidiger Danilo ergänzte: "Neymar macht, dass die anderen besser spielen." Das gilt vor allem für die jungen Stürmer, die zusammen mit ihm beim 4:1 im Achtelfinale gegen Südkorea ein Spektakel boten. Gerade zu ihnen hat Neymar einen besseren Draht als der 38-jährige Kapitän Silva oder die Führungsspieler Casemiro und Marquinhos.