
Die umsichtige Chefin
Frankfurter Rundschau
Von der endlich wieder genesenen Marina Hegering soll nicht nur die Abwehr des deutschen Frauen-Nationalteams im entscheidenden Gruppenspiel gegen Südkorea profitieren.
Um in „Brissie“, wie Brisbane gerne genannt wird, einen besseren Überblick zu bekommen, eignet sich der Rathausturm am Kings George Square eigentlich ganz gut. Dass in der drittgrößten Stadt Australiens auch den deutschen Fußballerinnen jemand mit Rundumblick nicht schaden kann, steht an einer entscheidenden Weggabelung dieser WM außer Frage. Daher kommt die Rückkehr von Marina Hegering für das dritte Gruppenspiel gegen Südkorea in Brisbane (Donnerstag 12 Uhr/ZDF) wie gerufen. Eine umsichtige Abwehrchefin, die vieles überblicken kann.
Es bedeute „ganz viel“, bestätigte Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg am Mittwoch vom Brisbane River, „dass sie wieder auf dem Trainingsplatz steht, dass sie komplett ihre Leistung bringen kann. Das ist dann natürlich ein Mehrwert für jede Mannschaft. Von daher sind wir froh, dass Marina jetzt absolut spielfähig ist.“ Zumal ihre gegen Kolumbien eine Halbzeit stark spielende Vertreterin Sara Doorsoun mit einer Oberschenkelverletzung noch ausfällt.
Jeder konnte bei der EM in England erkennen, wie gut die Nummer fünf ihren Job als Haltepunkt im Vollbesitz ihrer Kräfte erledigt. Zu ihrer enormen Präsenz – auch in Luftduellen – kommt ein geschicktes Zweikampfverhalten und ein kluger Spielaufbau. Ihre mutigen Impulse eröffnen freie Räume. In Topform ist sie eine der weltbesten Abwehrspielerinnen. Doch diese WM stand von Beginn an unter einem schlechten Stern, weil sich die Pechsträhne mit ihren vielen Ausfallzeiten auch auf dem fünften Kontinent wieder fortschrieb.
Bereits bei der Generalprobe in Fürth gegen Sambia (2:3) handelte sich die 33-Jährige eine Fersenprellung ein, was sofort böse Erinnerungen weckte. Wegen einer Fersenverletzung hatte sie mehrere Jahre der Karriere versäumt und zeitweise den Leistungssport schon abgeschrieben. Jetzt aber will sie bei ihrer zweiten WM – schon 2019 in Frankreich war sie in allen Spielen dabei – noch einmal angreifen.
„Ich bin wieder im Training und fühle mich ganz gut“, sagte Hegering im ZDF. Sie will selbst mit „einem gesunden Selbstbewusstsein und entsprechender Konsequenz“ in ein gefühltes K.o.-Spiel gehen. Aber klar: „Es ist gewisser Druck da.“ Die beim VfL Wolfsburg mit einem Anschlussvertrag nach der Karriere versehene Defensivspezialistin hat die Gruppenspiele gegen Marokko (6:0) und Kolumbien (1:2) nur von außen beobachtet.