
Die Ukraine ist geeint wie nie zuvor
n-tv
In den ersten 100 Tagen hat sich die Ukraine trotz des Schreckens des Krieges an die neue Realität angepasst und sich mit einer möglicherweise langen Dauer der Kämpfe abgefunden. In der Gesellschaft herrscht Konsens - auch über einen grundsätzlichen Bruch mit Russland.
Seit 100 Tagen ist die Ukraine bereits mit dem großangelegten russischen Angriffskrieg konfrontiert. Die maximalen Pläne der Russen etwa zur Besetzung der Hauptstadt Kiew hat die ukrainische Armee zerstört. Allerdings sind aktuell rund 20 Prozent des ukrainischen Staatsgebiets besetzt. Neben der Halbinsel Krim und dem ostukrainischen Donbass bleiben Teile der Bezirke Cherson, Saporischschja und Charkiw okkupiert. Besonders schwer ist die Lage im Bezirk Luhansk, wo die Russen schon in die Nähe der administrativen Grenze der Region vorgedrungen sind.
Nach einem ersten Schock gab es in der Ukraine einen großen patriotischen Aufschwung, als man festgestellt hat, dass die ukrainische Armee in der Lage ist, sich gegen die russische Invasion zur Wehr zu setzen. Der Schock ist auch heute noch nicht komplett überwunden, doch inzwischen mussten sich die Menschen damit arrangieren, dass der Krieg länger dauern wird als erhofft. "Die Leute haben sich abgefunden. Das fiel sicher vielen schwer, aber es geht hier doch um das Wesentliche", sagt der ukrainische Politologe Petro Oleschtschuk von der Kiewer Schewtschenko-Universität ntv.de.
Das ist auch den Eindruck, den man in Podil bekommt, dem historischen Stadtteil von Kiew, wo das normale Leben - abgesehen von mehreren Luftalarmen pro Tag - immer stärker zurückkehrt. Fast alle Läden haben inzwischen wieder geöffnet, nur ein paar internationale Ketten sind noch geschlossen. Auffällig ist die geringe Anzahl der Autos in Podil, was mit dem knappen Treibstoff zu tun hat. Von einer russischen Rakete getroffen wurde Kiew zuletzt vor fünf Wochen. Seitdem wurden mehrere nach Kiew gerichtete Raketen abgeschossen, was für eine hohe Qualität der Kiewer Flugabwehr spricht.
