Die Renaissance der Gülle
DW
Sie stinkt nicht nur zum Himmel, sie hat auch sonst einen schlechten Ruf: die Gülle. Die Rückstände tierischer Ausscheidungen werden zurzeit aber vermehrt ausgebracht, weil Kunstdünger knapp und teuer geworden ist.
Ohne Dünger läuft auf unseren Feldern nicht viel. Um einen wirtschaftlich nachhaltigen Ertrag erzielen zu können, muss ein Landwirt der Fruchtbarkeit der ohnehin strapazierten Böden mit Dünger auf die Sprünge helfen. Das geschieht seit vielen Jahrzehnten vor allem mit Kunstdünger.
Es ist nicht nur der Stickstoff, der den Pflanzenwuchs befördert, auch Phosphor und Kalium sind unverzichtbare Nährstoffe, ebenso wie die in diesem Zusammenhang sogenannten Sekundärstoffe Schwefel, Magnesium und Calcium. Deren Anteil kann in einem mineralischen Kunstdünger den Erfordernissen entsprechend zielgenau angepasst werden.
Bis zu einem gewissen Grad kann natürlich auch ein organischer Dünger diese Aufgabe erfüllen: die Gülle. Tiere fressen und scheiden aus - und diesen Stoff bringt der Bauer dann auf seine Felder. Oft zum Leidwesen der Anwohner, denn vor allem das Ammoniak in der Gülle stinkt oft tagelang. Da kann man kein Fenster zum Lüften öffnen.
Bislang galt als politische Vorgabe: Weniger Gülle auf die Felder! Nicht wegen des Gestanks, sondern zum Schutz des Trinkwassers. Doch auch hier macht der Überfall Russlands auf das Nachbarland Ukraine der Politik einen Strich durch die Rechnung, weil zur Herstellung von Kunstdünger Gas gebraucht wird. Das aber ist wegen des Krieges knapp und wird immer teurer - und das verteuert den Preis für Dünger. Das mit Moskau verbündete Belarus fällt schon länger als Lieferant aus, weil es mit Sanktionen belegt ist, ebenso wie Russland selbst.
Dadurch erlebt die oft ungeliebte Gülle, ein Abfallstoff aus der Tierhaltung, eine neue Konjunktur. Der Deutschen Bauernverband (DBV) bestätigt, dass Gülle wieder stark nachgefragt ist, angesichts steigender Preise für Kunstdünger. Dessen Preis sei nicht nur auf das Drei- bis Vierfache des Vorjahrespreises gestiegen, der Dünger sei auch nur schwer zu bekommen.