![Die Musikfestivals sind zurück](https://static.dw.com/image/62016976_6.jpg)
Die Musikfestivals sind zurück
DW
Rock am Ring, Wacken oder Roskilde: Nach mehr als zwei Jahren Zwangspause wegen Corona sind Europas größte Festivals wieder zurück. Aber die Pandemie hat ihre Spuren hinterlassen.
Am Pfingstwochenende beginnt sie endlich wieder, die Festivalsaison in Europa. In Deutschland erwarten die beiden Schwesterfestivals Rock am Ring und Rock im Park zusammen mehr als 160.000 Fans, denen jeweils rund 70 Bands einheizen werden. Zeitgleich steigt in Barcelona das Primavera Sound, aber auch kleinere und Kleinstfestivals wie das Rock Hard Festival in Gelsenkirchen oder das Orange Blossom Special in Beverungen öffnen Pfingsten erstmals nach zwei Jahren wieder ihre Pforten, dicht gefolgt vom Melt!-Festival, Hurricane und Southside und dem Roskilde-Festival in Dänemark. Und das ist nur der Juni.
Im ersten Festivalsommer nach der Corona-Pandemie ist eine enorme Aufbruchstimmung zu spüren, denn nach so langer Zeit in den eigenen vier Wänden wollen die Menschen allerorts wieder unter Leute kommen, tanzen, feiern, Spaß haben. Wenige kulturelle Ereignisse bieten so viel Gemeinschaftsgefühl wie Musikfestivals. Egal, ob man auf beinharten Metal steht oder auf sanfte Elektronik - die Festivalwelt in Deutschland und in seinen europäischen Nachbarländern bietet eine enorme Vielfalt und musikalische Spannbreite.
"Zwei Jahre lang Verschieben ist nicht das, wofür wir brennen. Wir wollen Livemusik machen und es anderen möglich machen, Livemusik zu erleben", so Jonas Rohde. Er ist Kommunikationschef der FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH, die unter anderem die ausverkauften deutschen Festivals Hurricane und Southside ausrichtet, die vom 17. bis 19. Juni stattfinden und dieses Jahr mit Bands wie Seeed, Deichkind und Kings Of Leon oder Künstlerinnen wie Charlie XCX oder Nura aufwarten. "Unser Fokus liegt darauf, endlich das Festival abzuliefern, das wir unseren Fans versprochen haben. Wir haben alle Energie darauf verwendet, das Line-Up aufrechtzuerhalten. Das haben wir auch in allergrößter Mehrheit geschafft".
In die große Vorfreude auf den Festivalsommer 2022 mischt sich Wehmut und auch Nervosität bei den Veranstaltern. Die psychische Belastung der Pandemie und wirtschaftliche Einbußen von zeitweise bis zu 95 Prozent seien eine Zäsur gewesen, "die wir in so in diesem Ausmaß noch nie erlebt hatten", sagt Rohde gegenüber der DW. FKP Scorpio kam noch mit einem blauen Auge davon: Das Team sei durch die Pandemie hindurch "überwiegend zusammen geblieben". Sein Überleben habe das Unternehmen vor allem den Festivalgästen zu verdanken, die ihre Tickets aus den Vorjahren behalten haben. Dies habe Rohde und seinem Team in der unsicheren Zeit von zwei Jahren Pandemie Sicherheit gegeben, "und dafür möchten wir danken, weil das nicht selbstverständlich ist."
So vergleichsweise glimpflich wie bei FKP Scorpio lief es beileibe nicht bei allen ab. "Die Pandemie ist wohl das Schlechteste, was einer Kulturform wie der unseren passieren kann." Holger Jan Schmidt, Generalsekretär des europäischen Musikfestivalverbands Yourope, berichtet gegenüber der DW unverhohlen von den verheerenden Folgen, die zwei Jahre Stillstand in seiner Branche hinterlassen haben. "Viele Festivals und Dienstleister suchen Personal oder arbeiten mit einer großen Zahl unerfahrener Kräfte. Die große Anzahl von verschobenen Veranstaltungen aus den vergangenen Jahren sorgt gleichzeitig für einen deutlich größeren Bedarf an Personal und Material, als der Markt derzeit bereithält." Darüber hinaus müssten Veranstaltungen mit kalkulierten Einnahmen aus dem Jahr 2020 unter den Bedingungen von 2022 bestritten werden - "inklusive massiver Preissteigerung wegen geringer Verfügbarkeit von Material und Personal, gestiegenen Energiekosten, Inflation und den Zusatzkosten, die den Kollegen entstanden sind, weil sie die Teams während der Pandemie zusammengehalten haben."