"Die Lage ist verdammt ernst"
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Der langjährige Europa-Minister Roth ist seit heute Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag. Im Interview mit ntv.de blickt er auf Scholz' ersten EU-Gipfel im Schatten der Russlandkrise: "Ich rate dringend zu Geschlossenheit und Entschlossenheit." Und: "Sonderwege sind für Deutschland im 21. Jahrhundert keine Option."
ntv.de: Herr Roth, herzlichen Glückwunsch zur Wahl zum Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses. Sie waren zuvor acht Jahre lang Staatsminister für Europa. Wie wollen Sie Ihre neue Rolle ausfüllen?
Michael Roth: Für mich ist die Zeit in der Regierung definitiv vorbei. Manche diskutieren ja, ob die außenpolitische Musik eher im Kanzleramt oder im Auswärtigen Amt spielt. Aber klar ist: Ohne den Deutschen Bundestag und den Auswärtigen Ausschuss geht es nicht. Wir sind nicht nur Kontrollorgan, sondern auch Ideengeber und Promotor. Als Ausschussvorsitzender möchte ich dazu beitragen, dass Außenpolitik stärker gesellschaftlich verankert wird. In Zeiten, in denen Nationalisten und Populisten auf Abschottung und Rückzug ins nationale Schneckenhaus setzen, müssen wir noch besser begründen, warum es in unserem eigenen Interesse liegt, dass Deutschland mehr Verantwortung in Europa und der Welt übernimmt. Da gibt es erheblichen Diskussionsbedarf. Ich beobachte bei manchen eine Sehnsucht, sich zurückzuziehen und aus den schweren internationalen Krisen herauszuhalten. Das geht aber definitiv nicht. Deutschland profitiert wie kein zweites Land in Europa von Frieden, Stabilität und Freiheit - politisch und wirtschaftlich.