Die kaum wahrgenommene Stärke des Thomas Tuchel
n-tv
Das Jahr des FC Bayern ist turbulent. Erst auf den letzten Metern gelingt es dem Klub, seine innere Ruhe zu finden. Das liegt an einer kaum wahrgenommenen Stärke von Trainer Thomas Tuchel - und an Joker Thomas Müller.
Wenn es Thomas Müller gut geht, dann geht es auch dem FC Bayern gut. Diese Regel hat weiterhin Bestand, auch wenn eine andere längst außer Kraft gesetzt worden ist. Nämlich die, dass Müller immer spielt. Formuliert worden war sie einst von Louis van Gaal, dem niederländischen Feierbiest. Van Gaal ist längst Geschichte in München, Müller weiterhin die Gegenwart. Und ein bisschen noch die Zukunft. Bis 2025 wurde sein Vertrag kurz vor Weihnachten verlängert. Und das, obwohl der Müllerthomas nicht mehr erste Wahl ist, aber eben wie "die Frauenkirche zu München gehört", wie der beseelte Klubboss Herbert Hainer wissen ließ.
Dass der FC Bayern in ein ruhiges Weihnachtsfest eingetrudelt ist, mit souveränen Siegen gegen Manchester United, dem Bundesliga-Überraschungsteam VfB Stuttgart und beim VfL Wolfsburg, lässt sich an kaum einem Spieler besser erzählen, als an dem 34-Jährigen, der so gerne mehr spielen würde, seine Rolle aber ohne öffentliches Klagen akzeptiert. Nur vereinzelt lässt er mal anklingen, dass er seinen Trainer gerne häufiger überzeugt hätte, ihn von Beginn an spielen zu lassen. Dieser Trainer heißt Thomas Tuchel und der ist einer, der sich von öffentlichen Debatten so gar nicht treiben lässt. Sein Weg ist sein Weg, empfohlene Abbiegungen ignoriert er. Wenn er den gewählten Pfad verlässt, dann aus nur innerer Überzeugung. Dass er dabei immer wieder kleine Feuer legt, das interessiert ihn nur dann, wenn die ganz großen Löschzüge anrücken.
Im Spätsommer war es so weit, die Bosse hatten genug. Sie pfiffen Tuchel zurück, sie hatten genug von dem ständigen Klagen über den zu dünnen Kader. Selbst der wieder mächtige Patron Uli Hoeneß hatte sich vom Tegernsee gemeldet und gefunkt, dass das nicht sonderlich clever gewesen sei. Sonst aber ließen sie Tuchel machen. Und sangen ihm bei der jeder Gelegenheit eine Hymne. Der kämpfte in ganz kleinen Schritten darum, die Mannschaft widerstandsfähiger zu machen, sie besser auszubalancieren. Und er tat das zumeist ohne den mächtigen Müller.