
Die gefährliche Eskalation des "Falls Djokovic"
n-tv
Novak Djokovic möchte in Australien gerne Tennisspielen, darf dies aber womöglich nicht tun. Der Streit um das Visum des Serben und dessen Start bei den Australian Open weitet sich zu einem enthemmten Irrsinn aus, der den Kern der Auseinandersetzung völlig vernachlässigt.
Womöglich gewinnt Novak Djokovic Ende Januar die Australian Open. Es wäre ein historischer Erfolg. Nicht aber ein historischer Triumph. Zu viel ist in den vergangenen Tagen passiert, als dass irgendwer sich am Ende dieses Wahnsinns als Gewinner fühlen darf. Und dennoch wird es so kommen, dass die Entscheidung des australischen Einwanderungsministers Alex Hawke gnadenlos ausgeschlachtet, instrumentalisiert und inszeniert wird. Vor allem von der Seite des serbischen Tennisstars. Deren Heroisierung des Spielers bis hin zur Jesus-Nähe war in den vergangenen Tagen ebenso verstörend eskaliert, wie der Fall selbst, bei dem sich zwischenzeitlich alles auf völlig absurd vermischt hatte: Impfweigerung, Falschangaben, Verschwörungstheorien, Täuschungsvorwürfe und Behördenfehler.
Inzwischen hat sich die Großlage tatsächlich wieder verzwergt. Auf eben Hawke. Er alleine wird nun entscheiden, ob Djokovic tatsächlich antreten darf oder ob er das Land sofort verlassen muss. Der Grund wäre dann die erneute Annullierung des Visums von Djokovic. Das wäre die juristische Ebene. Aber um die geht es vielen Menschen nicht mehr. Der Fall des Weltranglistenersten hat längst eine andere, eine nicht mehr faktische Ebene erreicht. Der Fall Djokovic wird in der Gesellschaft über die Moral entschieden. Und im Sog der Pandemie wird die Verhandlung nicht mehr fair geführt, sondern fast nur noch aggressiv. Wichtig sind das Gebrüll und die Inszenierung.
So existieren eigentlich nur noch zwei Kategorien: Für seine Anhänger ist Djokovic der (noch größere) Held, der seinen Widerstand gegen die Impfung nicht aufgibt, er "Führer" einer freien Welt. Für seine Gegner ist er eine Hassfigur, die egoistisch denkt und ignorant handelt. Ignorant vor allem gegenüber den Menschen in Australien, die während der Pandemie extreme Härten und Längen des Lockdowns aushalten mussten. Das gipfelte zwischendurch sogar in Einreiseverboten für eigene Staatsbürger. Djokovic kann für all diese Härten natürlich nichts. Befreit von moralischer Schuld ist er damit allerdings nicht.

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