![Die gefährliche Angst vor Aids](https://img.welt.de/img/kultur/kunst/mobile240175899/0821352147-ci16x9-w1200/World-AIDS-DAy-2019-in-Guwahati.jpg)
Die gefährliche Angst vor Aids
Die Welt
Felix Gonzalez-Torres hat eines der berührendsten Werke über die Aids-Pandemie geschaffen. Es ist ein außergewöhnliches Porträt seines Lebenspartners, der 1991 an HIV starb. Das Art Institute of Chicago hat jetzt den Hinweis auf die HIV-Erkrankung gelöscht. Weil Besucher sich beschwerten.
Diese Nachricht schockiert. Das Art Institute of Chicago hat einen der berühmten Bonbonhaufen von Felix Gonzalez-Torres „Untitled (Portrait of Ross in L.A.)“ aus dem Jahr 1991 mit einem neuen Text versehen, der den berührenden Hintergrund der Arbeit weglässt: Ross Laycock war der Lebenspartner des Künstlers und starb 1991 an HIV. Gonzalez-Torres‘ Arbeit gilt als eines der großartigsten Auseinandersetzungen mit dieser so traumatisierenden Zeit – und seinem eigenen Schicksal. Der Künstler selbst starb nur fünf Jahre später auch an HIV. Ohne diese Hintergrundinformation aber ist das Werk nur ein Berg aus Süßigkeiten, an dem man sich bedienen und seine konsumistische Grundhaltung befriedigen kann. Dabei stehen die Bonbons für das Idealgewicht von Ross, das im Laufe der Ausstellung abnimmt und zum Sinnbild wird für den Mensch, der langsam verschwand und starb.
Die Kritiker dieser Entscheidung weisen darauf hin, dass die Krankheit und Homosexualität des Künstlers – also die Eckpfeiler seines emotional und körperlich aufgeladenen Werks – schon seit einigen Jahren negiert würden, wie etwa 2017 im Pressetext der großen Überblicksschau in der Galerie David Zwirner, die seinen Nachlass vertritt. Schon damals schrieb ein Kritiker des Magazins POZ, das sich an Menschen mit HIV und Aids richtet, dass die Krankheit ausradiert worden sei und Bewunderer des Künstlers vor den Kopf stoße. Der Kommentar aber hatte keinerlei Folgen. Jetzt könnte sich etwas ändern: „Die Auslöschung von Ross’ Erinnerung und Gonzalez-Torres’ Intention in der neuen Werkbeschreibung ist eine gewissenlose und banale Boshaftigkeit“, fasst ein Twitter-Nutzer die aktuelle Debatte zusammen. Wie aber reagiert das Museum in Chicago?