
Die Frau, die keine Wahl hatte
Frankfurter Rundschau
Die Tänzerin und Widerstandskämpferin Josephine Baker, zeitlebens auf Stereotype festgelegt, zieht als erste Schwarze ins Pantheon ein. Dahinter steckt mehr als eine republikanische Geste.
Ihr Leben war wie ein Roman: In den goldenen Zwanzigern war Josephine Baker die „Königin der Dancehalls“ von Paris. Im Zweiten Weltkrieg arbeitete sie als Spionin für den französischen Widerstand; später kämpfte die Mutter von zwölf adoptierten Kindern an der Seite von Martin Luther King für die Bürgerrechte der Schwarzen. All das verschafft ihr nun einen Platz im Pariser Pantheon, wo die Helden und Heldinnen der Nation ruhen – Voltaire, Rousseau, Zola, Dumas.
Heute wird Bakers „Asche“ – so der offizielle Sprachgebrauch – zumindest symbolisch von ihrem Friedhof in Monaco in den Heldentempel im Quartier Latin überführt. Eine Petition hatte den Staatspräsidenten dazu aufgefordert, und in Zeiten von „Black Lives Matter“ entsprach Emmanuel Macron prompt dem Wunsch der 38 000, die unterschrieben haben. Selten herrschte in Frankreich breiterer Konsens über diese republikanische und sehr französische Hommage. Die auch eine Art Wiedergutmachung ist, obwohl das nicht offen gesagt wird.
Baker wurde 1906 in Saint-Louis im US-Bundesstaat Missouri in eine arme Familie geboren. Ihre Mutter war afroamerikanischer und indigener Abstammung, ihr Vater spanisch-jüdischer Herkunft. Josephine erlebte früh, was es heißt, dunkler Hautfarbe zu sein. Sie trat in eine Wandertruppe ein, kam ins Showbusiness und rasch an den New Yorker Broadway. Mit einem Ensemble zu einer Europatournee gestartet, landete sie in Paris und dort in einer „Revue Nègre“, wie es damals hieß. Der Durchbruch erfolgte über Nacht: Ihre Bühnendarbietung wurde zum Stadtgespräch und alsbald zu einem Triumphzug bis nach Berlin, wo die US-Amerikanerin im Jahr 1926 auftrat.