
Die EU hält zwölf Milliarden im Streit mit Ungarn zurück
DW
Der Rechtsstaat in Ungarn ist wegen Korruption in Gefahr, befindet die EU und kürzt dem Mitgliedsland erstmals Gelder. Eine Niederlage für Budapest und Viktor Orban, die weltweite Folgen hat. Bernd Riegert aus Brüssel.
Der Europaabgeordnete Daniel Freund (Bündnis 90/Grüne) nannte die Entscheidung der EU-Mitgliedsstaaten, Fördermittel für Ungarn aus dem EU-Haushalt bis auf Weiteres einzufrieren, "historisch". Mit dem Begriff sollte man zwar sparsam umgehen, aber in der Tat ist es das erste Mal in der 65-jährigen Geschichte der Union, dass einem Mitglied Mittel vorenthalten werden. "Autokraten in der EU werden jetzt die Gelder gekürzt", freute sich der Abgeordnete Freund in Straßburg, der sich schon lange mit Verstößen gegen die rechtsstaatliche Ordnung - besonders in Ungarn - beschäftigt.
Die Botschafter der EU-Staaten haben in einer nächtlichen Sitzung beschlossen, 6,3 Milliarden Euro der geplanten 22 Milliarden aus dem Kohäsionsfonds zur Angleichung der Lebensverhältnisse in den Jahren 2023 bis 2027 zurückzuhalten. Die EU-Kommission hatte eigentlich eine Summe von 7,5 Milliarden zurückhalten wollen, was etwa einem Drittel der bislang eingeplanten Auszahlungen entspricht.
Zwei Drittel sind also von dem Verfahren nicht berührt. Es ist daher nicht so, dass jetzt alle Projekte mit EU-Förderung in Ungarn eingefroren werden müssen. Die Botschafter ermäßigten die von der Kommission vorgeschlagene Summe, weil Ungarn damit begonnen hat, einige Forderungen der EU-Kommission zu erfüllen.
Vor neun Monaten hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Prozedur "Rechtsstaatsmechanismus" gestartet. Ungarn hatte nach den Regularien bis zum Jahresende Zeit, die Auflagen zu erfüllen, um rechtsstaatlich zu garantieren, dass die Gelder nicht durch Korruption abgezweigt werden. Das ist nicht ausreichend geschehen, deshalb jetzt der Beschluss der EU-Staaten.
"Der EU-Haushalt als Ganzes ist durch fehlende rechtstaatliche Kontrollen in Ungarn in Gefahr", warnte der EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn im September. Diese Verknüpfung ist wichtig. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hatte auf Antrag Ungarns und Polens, die Regeln für das Verfahren ganz klar so definiert.