Die Angst vor dem Dritten Weltkrieg ist zurück
ProSieben
Der russische Angriff auf die Ukraine lässt erstmals seit Ende des Kalten Kriegs die Angst vor einem Dritten Weltkrieg aufflammen.
Jüngere kennen das Gefühl nicht mehr, aber die Älteren haben es noch in Erinnerung. Das Gefühl der Angst. Sie war nicht unbedingt akut, aber schwelte doch ständig im Hintergrund. Die Angst, dass es zu einer Konfrontation der Supermächte kommen könnte - zum Dritten Weltkrieg, auch mit Atomwaffen. Irgendwann in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre, zwischen dem Amtsantritt von Michail Gorbatschow als sowjetischer Staats- und Parteichef und dem Fall der Berliner Mauer, verflüchtigte sie sich. Jetzt ist die Angst zurück.
Wolfgang Niedecken etwa musste nach den ersten Nachrichten über Russlands Angriff auf die Ukraine an die Kubakrise 1962 denken. Damals standen die USA und die UdSSR kurz vor einem Atomkrieg. "Ich war elf und auf einem Internat", erzählt der Chef der Rockband BAP ("Verdamp lang her") der Deutschen Presse-Agentur. "Da redeten die Großen plötzlich vom Dritten Weltkrieg. Da hab' ich Angst bekommen und an meine Eltern geschrieben." Sie sollten ihn sofort abholen - er wollte beim Ausbruch des Kriegs nicht allein sein.
Es dürfte viele ältere Menschen geben, denen jetzt solche Erinnerungen durch den Kopf spuken. Es sind die Gespenster des Kalten Kriegs, die nun in veränderter Gestalt wieder auferstanden sind. "Dies ist der gefährlichste Moment der Geschichte seit der kubanischen Raketenkrise von 1962", sagt der Historiker Heinrich August Winkler, Autor einer epochalen "Geschichte des Westens".
Eiskalt und mit einem wie in Wachs gegossenen völlig reglosen Gesicht hatte der russische Kriegsherr Wladimir Putin in einer Rede an seine Landsleute verkündet: "Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben."
Ob das eine Drohung sei, Atomwaffen einzusetzen, wurde Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Donnerstagabend im ZDF von Markus Lanz gefragt. Die Antwort: "Ja, so muss man das verstehen." Muss man es auch ernst nehmen? "Natürlich will man nicht glauben, dass er es ernst meint mit einer Drohung, Atomwaffen einzusetzen als Erstschlag", erwiderte Habeck.