
DFB-Nachwuchsreform: Zehn Jahre zu spät
Frankfurter Rundschau
Mit Hannes Wolf in neuer Rolle an der Spitze reformiert der Fußballverband seine Jugendarbeit. Das hätte man viel früher haben können. Ein Kommentar.
Es ist, man muss das leider so deutlich formulieren, furchtbar viel falsch gelaufen in der Talentförderung im deutschen Fußball. Das hat der zum leitenden DFB-Funktionär mit der verbandstypisch sperrigen Bezeichnung „DFB-Direktor Nachwuchs, Training und Entwicklung“ beförderte Hannes Wolf bei seiner Vorstellung klar benannt. Schön, so viel Einsicht zu vernehmen. Das Dumme ist nur: Die Erkenntnisse, die Wolf am Montag im DFB-Campus vortrug, hat Bernhard Peters, seinerzeit Nachwuchschef bei der TSG Hoffenheim, schon vor mehr als zehn Jahren vorgetragen. Vergeudete Zeit!
Oliver Bierhoff war einer der wenigen, die Peters zuhörten. Gemeinsam mit Joti Chatzialexiou Meikel Schönweitz und dem damaligen DFL-Chef Christian Seifert hat der im vergangenen Dezember geschasste DFB-Geschäftsführer schon 2017 das „Projekt Zukunft“ entwickelt. 2019 hielt er eine eindringliche und eindrucksvolle Rede vor allen 262 Landesverbandsleuten und Bundesligamanagern. Die deutliche Botschaft: Deutschland wird gerade abgehängt. Im Nachwuchsbereich von DFB, Landesverbänden und Vereinen müsse unbedingt etwas passieren. Die Resonanz war einsilbig zurückhaltend. Passiert ist lange: nichts!
Stattdessen hat der DFB vier Präsidenten begrüßt und verabschiedet, Reinhard Grindel, Fritz Keller und die Interimschefs Rainer Koch und Peter Peters. Seifert kehrte der DFL den Rücken, Donata Hopfen kam als Nachfolgerin, kassierte ab, lieferte aber nicht ab (was sie nicht davon abhielt, neulich über das Netzwerk LinkedIn Fundamentalkritik am deutschen Fußball zu üben). Der hochkompetente Schönweitz ging an Mainz 05 verloren - und Chatzialexiou wird gerade in den öffentlichen Statements des Präsidenten Bernd Neuendorf noch nicht mal mehr beim Namen genannt, obwohl er als Gründungsvater des überfälligen Nachwuchskonzepts (noch) in Diensten des Verbands steht.
Man sieht: Es gibt ungeheuer viel aufzuarbeiten in einem über geraume Zeit hinweg dysfunktionalen DFB, der nun mit einem frischen Kompetenzteam um die neue Führungsfigur Wolf und Ex-Nationalspieler wie Sandro Wagner, Hanno Balitsch und Sven Bender endlich Dynamik in die dringliche Angelegenheit bringen will. Das ist überfällig. Auch die in der Vergangenheit oft seltsam verdruckste Kommunikation nach draußen muss besser werden. Damit die Botschaften dort ankommen, wo sie hingehören: bei Trainern und Eltern an der Basis.