Deutscher Filmpreis 2022 – Heftige Schmerzen am Freitagabend
Frankfurter Rundschau
Der Deutsche Filmpreis 2022 startet mit unangenehmen Musik- und Comedy-Einlagen. Im Laufe des Abends wird es zum Glück besser. Die TV-Kritik.
Berlin – „Lola statt Corona“. Der Abend fängt ja gut an. Nach einem kurzen Einspielerfilmchen, aus irgendeinem Grund auf Rocky anspielend, sowie einer extrem unangenehmen Showeinlage, feuert Moderatorin Katrin Bauerfeind ein wahres Sprüchefeuerwerk ab. Direktes Ziel und Leidtragende sind nicht nur Nominierte für den Deutschen Filmpreis 2022, sondern auch das Publikum.
Zu Beginn erinnert nicht viel an eine hochkarätige Preisverleihung. Eher fühlt man sich, als sei man einer weiteren satirischen Wochenschau der öffentlich-rechtlichen Sender ausgesetzt, inklusive Witze über Inflation und Tankrabatt sowie Frisuren oder Kleidung von Schauspielenden. Die Betroffenen wirken, als fühlten sie sich gezwungen mitzulachen. Auch dem Publikum daheim, sofern denn jemand eingeschaltet hat, bleibt wohl wenig anderes übrig. Wirklich beabsichtigt sind diese Lacher jedoch wohl nicht. Eher ist es ein Abwehrmechanismus gegen die Schmerzen, für die die Witze aus Bauerfeinds Repertoire sorgen. Es hat etwas von einem Comedy Central Roast für Humorbefreite.
Auch Matthias Schweighöfer, dessen Name Bauerfeind aufgrund seiner Erfolge in Hollywood auf Englisch ausspricht, bleibt nicht verschont. Im Laufe des Abends muss der bekannteste Stargast noch weiter leiden. Immerhin Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) scheint ihren Spaß zu haben. Kaum werden die erste Filmpreise verliehen, nehmen auch die Schmerzen langsam ab. Doch dann halten plötzlich Versuche von Bauerfeind und anderen Gästen, Jugendsprache zu imitieren, Einzug. „Ey Alter, ich weiß wo dein Bett steht, verpiss dich.“ Aua.
Nach etwa einer Stunde wird es ernster. Es geht nämlich für einige Minuten um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. In einer Videobotschaft aus Kiew dankt Wladimir Klitschko den „Soldaten der Wahrheit“, welche die Bilder des brutalen Kriegs für die globale Öffentlichkeit zugängig machten. Die Rede ist von Dokumentarfilmerinnen und -filmern, eine von vielen Preiskategorien an diesem Abend.
Politisch wird es auch in den Reden von Ehrenpreisträger Jürgen Jürges sowie Andreas Kleinert, der für „Lieber Thomas“ die „Lola“ für die beste Regie erhält. Beide positionieren sich in ihren Reden gegen Aufrüstung und forderten ein globales Umdenken. Kleinert spricht sich gegen das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr aus. Sowohl für den mehrfach preisgekrönten Kameramann Jürges als auch für Kleinert gibt es dafür viel Beifall.