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Der zweite Tod von Winnetous kleiner Schwester
Die Welt
Manche Filmfans sind Mario Adorf heute noch böse, weil er in „Winnetou“ Nscho-tschi ermordete. Es war die Rolle, die das ganze Leben der Schauspielerin Marie Versini geprägt hat. Nun ist die Französin im Alter von 81 Jahren gestorben.
In einem Erinnerungsartikel für das Karl-May-Filmbuch „Der Weg zum Silbersee“ beschreibt die französische – genauer: korsische – Schauspielerin Marie Versini, wie sie als 22-Jährige ihre Rolle als Winntous Schwester auffasste: „Bei Nscho-tschi war es so, dass ich all meinen wilden, ungezügelten und in gewisser Weise ,schamlosen’ Trieben freien Lauf gelassen habe. Ich habe mir bei ihr vorgestellt, dass sie ihre Gefühle urwüchsiger, ,primitiver’ und animalischer auslebt als Menschen aus der sog. ,Zivilisation’… Die Gefühle der Liebe, des Stolzes, der Ehre sind in allen Kulturen dieselben – nur die Art und Weise, wie man sie auslebt, sind unterschiedlich.“
Das würde man zwar heute etwas anders formulieren, doch es erklärt ziemlich gut, warum Marie Versini sich in das Gedächtnis zweier Generationen von May-Film-Sehern unauslöschlich eingeprägt hat. Vor allem natürlich eine Szene: Von dem Schurken Santer (Mario Adorf) angeschossen, kniet sie zusammen mit Old Shatterhand (Lex Barker) auf einem großen Felsen, öffnet ein letztes Mal ihre Augen und flüstert mit versagendem Atem „Ich liebe dich.“ Dann stirbt sie in seinen Armen.