Der Westen darf sich nicht mit seinem Helfersyndrom erpressen lassen
Die Welt
Die USA wollen sich dieses Wochenende mit den Taliban in Katar treffen. Viele Hebel, um die Radikalislamisten zu beeinflussen, gibt es nicht. Doch es darf nicht sein, dass das Wohl der Afghanen dem Westen mehr am Herzen liegt als den neuen Herrschern.
In der Nacht zum Samstag haben die Vereinigten Staaten für dieses Wochenende ein Treffen mit den Taliban in Katar angekündigt. Dieses findet nach dem Sieg der Taliban und dem Rückzug des Westens aus Afghanistan unter gänzlich anderen Bedingungen statt als die Gespräche, die sowohl die Trump- als auch die Biden-Regierung in den vergangenen drei Jahren mit den Radikalislamisten geführt haben. Der Westen hat viele Hebel verloren, um die Taliban zu beeinflussen. Nun geht es darum auszuloten, wie viel humanitäre Hilfe der Westen zu geben bereit ist – im Gegenzug für welche Zugeständnisse der Taliban.
Die Interessen sind sehr unterschiedlich. Der Westen möchte eine humanitäre Katastrophe vermeiden sowie eine Destabilisierung der Region durch Flüchtlingsströme. Gleichzeitig möchte man Hilfen als Hebel nutzen, um die Taliban zu einer inklusiveren Regierung zu zwingen und zur Achtung von Menschenrechten, insbesondere jenen von Frauen und ethnischen Minderheiten. Die Taliban hingegen wollen die Macht möglichst in der eigenen Hand konzentrieren, an ihrer frauenfeindlichen Ideologie festhalten und möglichst viel der Hilfe für eigene Zwecke abzweigen, um ihre Macht zu betonieren. Zudem haben sie ein Glaubwürdigkeitsproblem, weil sie frühere Abmachungen mit den USA nicht eingehalten haben.