Der Video-Irrsinn raubt dem Fußball die Seele
n-tv
Der VfL Bochum bejubelt einen Elfmeter im Pokalduell mit Borussia Dortmund. Die Entscheidung ist höchst fragwürdig, wird aber auch nach Einmischung des Videoschiedsrichters nicht zurückgenommen. Für die Fans wird der Einsatz immer mehr zur Qual.
Das Ruhrstadion in Bochum, so klein es auch sein mag, kann eine erdrückende Macht entwickeln. Eine Enge, die beeindruckend wirkt. Manchmal vielleicht auch beklemmend. Die emotionale Dichte der Ränge an der Castroper Straße lastete am Mittwochabend auf den Schultern von Tobias Stieler. Im Pokal-Achtelfinale hatte der Schiedsrichter um kurz nach 22 Uhr, in der 60. Minute, einen Handelfmeter von Borussia Dortmunds Youngster Jamie Bynoe-Gittens erkannt. Eine Vielzahl der 26.000 Zuschauer entspannte sich vor Glück und spannte sich direkt wieder an, erwartungsfroh.
Dem VfL Bochum sollte sich, so der Kenntnisstand, die Riesenchance zum Ausgleich gegen den Favoriten aus der Nachbarstadt bieten. Spielmacher Kevin Stöger hatte sich den Ball zurechtgelegt und war bereit, zum Ausgleich einzuschießen. Doch so einfach, wie die Sache sein sollte, war sie nicht. Der Videoschiedsrichter meldete sich bei Stieler und bat ihn zur Konsultation an den Monitor. Der 41-Jährige studierte die Bilder wieder und wieder. Und fand ewig zu keiner Entscheidung.
Mehrere Minuten verweilte der Schiedsrichter dort, von Angesicht zu Angesicht mit den Fans, die mit jeder Sekunde dieses Videostudiums wütender und fassungsloser wurden. Eine erdrückende Kraft. Eine beeindruckende Enge. Aber eben auch ein Raub jener Emotionen, der dieses Spiel so liebenswert macht, der ein Spiel mit einer Aktion in eine völlig andere Richtung drücken kann. Es sind zermürbende Minuten, die das emotional so verdichtete Stadionerlebnis trüben. Die Fans werden in den emotionalen Wahnsinn getrieben. Erleichterung versus Wut!