
Der Ukraine-Krieg und das Anti-Putin-Klima
Frankfurter Rundschau
Der Klimaschutz darf nicht unter der Reaktion auf Putins Krieg leiden.
Berlin – Klimakrise. Gibt es die noch? Natürlich. Der Weltklimarat IPCC hat gerade den zweiten Teil seines neuen großen Berichts vorgelegt, diesmal zu den Folgen der ungebremsten Aufheizung unseres Planeten. Die Fakten, die er präsentiert, sind dramatisch. Die Schwellen für das Auslösen von Kippelementen im Klimasystem liegen niedriger als im letzten Report vorausgesagt. Doch wen interessiert das derzeit?
Die Welt schaut erschüttert zu, wie der russische Despot Wladimir Putin das Nachbarland Ukraine bombardiert und den Krieg, der in Europa als Option der Politik ausgemerzt schien, zurückbringt. Ja, der Autokrat in Moskau schreckt nicht einmal vor der Drohung mit der Atombombe zurück. Was ist dagegen der Klimawandel, der erst in den nächsten Jahrzehnten so richtig dramatisch werden wird?
Man könnte zynisch sein. Und sagen: Ist jetzt auch schon egal. Wird die Weltrettung eben noch einmal verschoben. Denn, nüchtern betrachtet: Was ist in weniger kriegerischen Zeiten bisher denn mit den Warnungen vor tödlichen Hitzewellen, Mega-Überflutungen, dem Meeresspiegel-Anstieg, der Ausbreitung von Infektionskrankheiten oder klima-induzierten Flüchtlingsströmen passiert, die der Klimarat regelmäßig alle paar Jahre herausbringt?
Sie haben es zwar deutlich höher in die Schlagzeilen geschafft als diesmal. Doch eine echte Trendumkehr ist weltweit nicht in Sicht. Nirgends haben Energie- und Verkehrswende genug Tempo, wenn sie überhaupt ernsthaft betrieben werden. Von einer das Klima stabilisierenden Renaturierung der übernutzten oder zerstörten Ökosysteme, Wälder, Moore, Feuchtgebiete, ganz zu schweigen.
Der Klimarat und seine Spitzenleute haben diesmal, vielleicht auch mit Blick auf den alle Aufmerksamkeit verzehrenden Krieg in der Ukraine, besonders drastische Worte gewählt. „Der Klimawandel ist eine Bedrohung für das menschliche Wohlergehen und die Gesundheit des Planeten“, sagte zum Beispiel der Co-Chef der Arbeitsgruppe, die jetzt ihren Teilreport vorgelegt hat, Hans-Otto Pörtner. Jede weitere Verzögerung bei gemeinsamen globalen Maßnahmen werde dazu führen, dass man das sich „schnell schließende Zeitfenster zur Sicherung einer lebenswerten Zukunft“ verpasst.