
Der Trierer Goldschatz – Kombiniere: Gold macht neugierig
Frankfurter Rundschau
Ein Besuch in Trier auf den Spuren der Römer, sagenhafter Schatzfunde, einer dreifachen Kriminalgeschichte. Sowie ein Ausblick auf die Ausstellung zum „Untergang des Römischen Reiches“.
Eine von einem Bagger bereits aufgewühlte Grube, darin aufgewühlte Hobbyarchäologen, drumherum eine Stadt im Grunde auch, Trier. War doch im Keller eines Klinikums ein Schatz freigelegt worden, mal wieder unterhalb einer Tiefgarage ein ganz spezieller Fund. „Goldrausch in Trier“ hieß es, und das war im September 1993 kaum übertrieben.
Sicherlich verstiegen aber war, dass der Finder als „Goldfinger“ inszeniert wurde, 25 Jahre später, zum Jahrestag in einem Fernsehfeature des SWR, die Story im Hintergrund instrumentiert von Blechbläsern. Nicht durch die Posaunen von Jericho, sondern von denjenigen aus dem „James Bond“. Kombiniere: der Goldschatz von Trier eine Kriminalgeschichte? Nicht die einzige.
In diesen Tagen eine zerfurchte Grube erneut, doch alles andere als ein aufgekratztes Wühlen, so zeigt sich ein archäologisches Feld in einem rückwärtigen Bereich von Triers Friedrich-Wilhelm-Straße. Es ist nicht die erste römische Töpferei, die ausgegraben wurde, denn in der antiken Metropole gab es zahlreiche, am Rand untergebracht wegen der Feuergefahr. Die Grabungsleiterin Stefanie Holzem lenkt den Blick auf die Grube, auf die Funde, die sie „durchaus beachtlich“ nennt. Archäologinnen und Archäologen, zumal wenn sie mit wahren Schätzen vertraut sind, neigen zur Untertreibung. Und doch, das antike Gebrauchsgeschirr oder eine Nadel oder ein Nagel sind keine Nichtigkeiten. Und das hier, darf ich?
Wir dürfen – wir durften einen olivgrauen Würfel in der Hand hin- und herwenden. Nicht einmal so groß wie ein Stück Zucker, hat sich das Objekt dennoch in rund 1800 Jahren nicht aufgelöst. Ans Licht gebracht hat auch dieses kleine Artefakt detektivische Akribie, wobei es keiner Kombinationsgabe bedarf, um zu wetten, dass der Würfel demnächst mit anderen Objekten in das Depot des Rheinischen Landesmuseums Trier kommt. Mit dem Fahrstuhl geht es hier in die Römerzeit, ins Untergeschoss des Hauses, wo Sabine Faust die Hüterin unermesslicher Schätze ist, katalogisierter Kostbarkeiten aus Marmor und Bronze, Glas oder Sandstein, sie muss ja nur drei von Dutzenden Schubladen aufziehen – und uns öffnete sich ein Sesam an verborgenen Kleinodien. Die umfangreicheren, die mehr Platz beanspruchen, der Marmortorso einer Nackten, der Kopf einer Göttin, Kapitelle oder Amphoren, soeben erst aus verglasten Holzschränken in bewegbare Rollregale umgesiedelt, sind die schlummernde Reserve für manche Ausstellung.
Eine exquisite Sonderausstellung ist für Juni geplant. Trotz der Pandemie wagt der Direktor des Landesmuseums, Marcus Reuter, zu hoffen. Optimistisch arbeitet er an einer monumentalen Schau, vergleichbar der über Nero, einer im Jahr 2016 auf drei Häuser verteilten Präsentation. Erneut im Landesmuseum, im Dommuseum und im Stadtmuseum wird diesmal das Thema der „Untergang des römischen Reiches“ sein. Es ist eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht: fachlich, logistisch, finanziell. Denn die Transportkosten für Leihgaben, so berichtet der Leiter des Dommuseums, Markus Groß-Morgen, seien wegen der Corona-Krise durch die Decke geschossen.