
Der Skandal um das gestohlene Bild
Die Welt
Er ist der letzte lebende Vertreter der Pop Art. Im New Yorker Whitney Museum erzählt der 91-jährige Jasper Johns jetzt von einem halben Jahrhundert unter den Titanen der Kunst, der schmerzhaften Trennung von seinem Freund – und wie er die Zeichnung eines kleinen Jungen stahl.
Jasper Johns lebt! Das ist eigentlich die verblüffendste Erkenntnis, die man in der Retrospektive im Whitney Museum in New York — der ersten großen Kunstausstellung seit Beginn der Pandemie — gewinnt: Dieser Titan der amerikanischen Kunst ist nicht tot. Nein, er ist mit 91 Jahren (so hört man) immer noch sehr rege; er ist ein Zeitgenosse.
Dabei stammt das Bild von ihm, das alle kennen, auch Leute, die mit zeitgenössischer Kunst nichts anzufangen wissen — das Bild der amerikanischen Flagge —aus den Fünfzigerjahren. Es markiert den Anfang seiner Karriere. Schon davor hatte Jasper Johns, der 1930 als weißes Armeleutekind in Georgia geboren wurde, allerhand gemalt. Eines Tages verbrannte er das ganze Zeug und fing von vorne an: mit einem leeren Blatt Papier. Er war es leid, sagte er später, ein Künstler zu werden — er wollte ein Künstler sein.