Der Schriftsteller Abraham B. Yehoshua ist tot
DW
Er gehört zu den bekanntesten israelischen Schriftstellern und galt als "Synonym für die israelische Literatur". Nun ist Abraham B. Yehoshua im Alter von 85 Jahren gestorben.
Israel ist in Trauer, denn einer der größten Schriftsteller des Landes ist tot. Israels Präsident Jitzchak Herzog bestätigte den Tod von Abraham B. Yehoshua in einer Mitteilung. Darin bezeichnete er Yehoshua als einen der größten Schriftsteller und Erzähler des Staates Israel. Und er schrieb: "Seine Werke, die aus dem Abbild unserer Heimat und den Schätzen unseres Volkes schöpften, spiegelten uns ein genaues, scharfes, liebendes und manchmal schmerzhaftes Selbstbild wider", sagte Herzog. "Er weckte in uns ein Mosaik tiefer Gefühle."
Der weißhaarige Erfolgsautor provozierte gerne und war trotzdem, oder gerade deswegen, einer der beliebtesten israelischen Schriftsteller. Im Laufe seiner Karriere legte er sich immer wieder mit Institutionen oder der Regierung an und schuf mit seiner Sicht auf die Dinge neue Blickwinkel. 2006 löste er vor jüdischen US-Repräsentanten in Washington Empörung aus, als er sagte, die jüdische Identität im Ausland sei weniger stark ausgeprägt als in Israel. "Israeli sein ist meine Haut, nicht meine Jacke", sagte Yehoshua. Später musste er sich entschuldigen, weil viele US-Juden sich durch seine Worte beleidigt fühlten.
Auch in tagespolitischen Fragen meldete sich Yehoshua immer wieder zu Wort. So forderte er 2006 während der Kämpfe im Libanon eine Waffenruhe. Ein Jahr später sprach er sich gemeinsam mit anderen Schriftstellern für Verhandlungen Israels mit der islamistischenHamas aus. Dies galt damals als besonders kontrovers, weil die Palästinenserorganisation gerade erst mit Gewalt die Kontrolle über den Gazastreifen an sich gerissen hatte.
Yehoshuas Werke wurden in rund 30 Sprachen übersetzt. Auf Deutsch erschien unter anderem der Roman "Freundesfeuer" (2009), in dem eine jüdische Familie den Tod des Sohnes verarbeiten muss, nachdem er beim Einsatz in den Palästinensergebieten aus Versehen von seinen Kameraden erschossen wurde. In "Die befreite Braut" (2003) wird eine israelische Familie von einem lange geheim gehaltenen Inzest-Fall erschüttert. Und in seinem Roman "Die fünf Jahreszeiten des Molcho" (1989) beschreibt Yehoshua, wie ein Mann sich nach dem Krebstod seiner Frau innerlich befreit.
Für seine literarische Arbeit erhielt Yehoshua zahlreiche Preise, darunter 1995 den Israel-Preis, die höchste Auszeichnung des Landes. Anfang 2017 wurde Yehoshua mit dem israelischen Dan-David-Preis geehrt. "Ein bemerkenswerter Aspekt seines literarischen Unternehmens ist seine anhaltende Bereitschaft, mit verschiedenen literarischen Modi zu experimentieren, inklusive surrealistischen Geschichten, Novellen, psychologischem Realismus und historischen Geschichten (...)", hieß es in der Jury-Begründung. Die israelische Nationalbibliothek, die sein Archiv aufbewahrt, beschrieb den Schriftsteller als "Synonym für moderne israelische Literatur".