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Der SC Freiburg und die Gespenster von Puchov
Frankfurter Rundschau
Der frühere Trainer Volker Finke erinnert sich an ein absurdes Spiel vor 20 Jahren am Tag des Terrors in der Slowakei.
Wir waren zu Gast in der Slowakei damals, an diesem 11. September 2001, in den Ausläufern der weißen Karpaten. Puchov. Erste Runde im Uefa-Cup mit dem SC Freiburg, das Hinspiel. Wie immer bei Auswärtsspielen war ich früh aufgestanden für einen Spaziergang, um mir ein Bild von dem Ort zu machen, an dem wir uns befanden. Puchov war eine alte Industriestadt, nicht sehr einladend zu dieser Zeit. Als ich einen Kanal entlang spazierte, kamen mir ein paar düstere Gestalten entgegen, in Militärklamotten und mit Kampfhunden an der Leine, und ich dachte kurz: Huch. Vielleicht doch besser umkehren. Auch diese Bilder habe ich noch im Kopf, wenn ich an den 11. September denke. Von den Anschlägen in den USA erfuhr ich dann auf meinem Hotelzimmer. In der Mittagsruhe, zwischen dem Anschwitzen mit der Mannschaft und der Abfahrt zum Stadion, hatte ich den Fernseher laufen, RTL. Hinter dem Nachrichtsprecher – Peter Kloeppel hieß er, glaube ich – flimmerten wieder und wieder die Aufnahmen des zweiten Flugzeugs über den Bildschirm, das in New York in einen der Twin Tower raste. Man sah den Rauch, der über Manhattan lag. Ich war schockiert und gleichzeitig gebannt. Ab da war auch für uns nichts mehr normal an diesem Tag. Es ging nicht mehr um die Aufstellung oder um die Taktik für das Spiel. Es ging nur noch um die Frage, ob man unter diesen Umständen, vor dem Hintergrund dieses einschneidenden Ereignisses, das ja zu Recht als grundsätzlicher Angriff auf die westlichen Demokratien gesehen wurde, überhaupt ein Fußballspiel veranstalten kann. Oder will. Früher als geplant riefen wir die Spieler zusammen, ein paar Stunden vor dem Anpfiff. Und irgendwann kam dann eine Ansage von höherer Stelle, wir wurden aufgefordert, das Programm fortzusetzen und ins Stadion zu fahren. Auch dort war es eine Zeit lang unsicher, ob gespielt würde, die schrecklichen Nachrichten aus den USA nahmen ja kein Ende. In den Katakomben liefen Anzugträger von der Uefa herum und redeten aufgeregt in ihre Walkie-Talkies. Mit dem Trainer von Puchov einigten wir uns darauf, dass wir spielen würden, wenn die Uefa es anordnen würde. So kam es dann.More Related News