Der Satz, den nicht nur Scholz nicht sagt
n-tv
Schon wieder gibt es eine Formulierung, die Olaf Scholz partout nicht in den Mund nehmen will. Anders als bei Nord Stream 2 ist der Bundeskanzler dieses Mal allerdings keineswegs der Einzige, der einen ukrainischen Sieg nicht als Kriegsziel ausgeben will.
Im Mai sorgte ein Kommentar der "New York Times" international für Aufsehen. Darin forderte die Zeitung von US-Präsident Joe Biden, dieser müsse seine Kriegsziele deutlicher formulieren - unter anderem, um nicht die Zustimmung der Amerikaner zu verlieren. Eine ähnliche Debatte gibt es in Deutschland. Hier dreht sie sich vor allem darum, was Bundeskanzler Olaf Scholz nicht sagt.
Am Montagabend war es wieder einmal so weit: Scholz schwiemelte. In der ARD wurde er gefragt, warum er nicht sage, dass die Ukraine den Krieg gewinnen müsse. Scholz entgegnete, das Ziel laute, "dass die Ukraine ihr eigenes Land, ihre Integrität und Souveränität verteidigen kann, und dass Russland diesen Krieg nicht gewinnt". Tags darauf veröffentlichte die "Bild"-Zeitung Antworten, die sie von Kabinettsmitgliedern auf die Frage bekommen hatte, ob die Ukraine den Krieg gewinnen solle. Einzig die Ministerin und die Minister der FDP antworteten mit einem klaren "Ja". Von Scholz kam das bekannte Statement. "Russland darf diesen Krieg nicht gewinnen."
Scholz betont immer wieder, seine Haltung sei "klar". Aber das ist sie nicht. Dadurch macht sich der Kanzler angreifbar. Unionsfraktionschef Friedrich Merz fragte in der Generaldebatte im Bundestag, warum Scholz nicht sage, dass die Ukraine den Krieg gewinnen und Russland sich wenigstens hinter die Kontaktlinie von vor dem 24. Februar zurückziehen müsse. "Warum sagen Sie es nicht?" fragte Merz. "Gibt es da eine zweite Agenda?" Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter erhob gar den Vorwurf, Scholz wolle nicht, dass die Ukraine gewinnt. Der Militärexperte Gustav Gressel kritisierte, Scholz reagiere immer nur auf Druck: "auf den Druck der Amerikaner, der NATO-Verbündeten, der EU und der Koalitionspartner".