Der Ministerrat vorm Zeugnistag
Süddeutsche Zeitung
Markus Söder plant eine Kabinettsumbildung, nur wann? Das Thema hängt wie ein tiefer Nebel über dem politischen München. Und vermeintliche Wackelkandidaten legen sich offensichtlich ins Zeug.
Es liegen arbeitsreiche Wochen hinter Kerstin Schreyer. Die Bau- und Verkehrsministerin von der CSU machte mit dem Ministerpräsidenten eine Testfahrt in einem Batteriezug in Mittelfranken, startete auf Presseterminen unter anderem eine "bayerische Radoffensive" oder verteidigte die Bilanz des staatlichen Wohnungsbaus. Nebenbei erstatte sie im Landtag Bericht zum Nahverkehr, zeterte gegen das österreichische Tirol wegen der Laster-Abfertigung an der Grenze und beantragte eine Sonderkonferenz der deutschen Bauminister. In Augsburg gab sie noch den Startschuss für ein Servicebüro ihres Hauses und schneite beim Winterdienst in Sauerlach nahe München vorbei: Alles paletti?
Anfang 2020 kam Schreyer in das "Superministerium", das einst für Ilse Aigner gezimmert worden war - und absolvierte bis vor Kurzem selten Pressetermine. Dabei könnte man in dem Beritt täglich ein Spatenstich-Foto in die Welt senden oder auf Lokomotiven posieren. Manche rätselten schon, was wohl ein junger Markus Söder medial in dem Ressort fabriziert hätte. Corona, sagte Schreyer der SZ mal, sei der Grund, die Bürger "möchten nicht, dass wir jetzt Eitelkeiten produzieren". Sie setze im Hintergrund und in "Schalten" mit Verbänden Grundsätzliches aufs Gleis. Jetzt nehmen viele in der CSU gesteigerte "Ambitionen" wahr. Nicht nur bei Schreyer, sondern bei mehreren Kabinettsmitgliedern.
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Wohlmeinende sagen, dass Omikron das eben zulasse, logisch. Andere meinen, dass manche Minister just in Action sind, seit Söder angekündigt hat, sein "Team zu verfeinern", wahrscheinlich mit einer größeren Kabinettsumbildung dieses Jahr. Und seit in Medienberichten bereits mutmaßliche Wackelkandidaten benannt wurden, auch Schreyer. Dieser Tage hing das Thema wieder wie tiefer Nebel über dem politischen München. "Das Ding liegt in der Luft", wähnen kundige Leute - offen sei nur, wann Söder "die Zeit für reif hält".
Anlass für Spekulationen ist akut, dass es in der CSU-Fraktion vergangene Woche eine Grundsatzaussprache gab, als Ersatz für die ausgefallene Klausur. "Ich sauge das alles in mich auf, an Ideen und Wünschen", sagte Söder davor auf die Frage, ob da was entschieden werde. Um den "Markenkern" der CSU soll es dann in der vertraulichen Zusammenkunft im Landtag gegangen sein, um den Lockerungskurs bei Corona und um die Konkurrenz mit den Freien Wählern auf dem Land. Teilnehmer beteuern, Personalien hätten überhaupt keine Rolle gespielt, Söder habe auch nichts dazu gesagt - nicht mal pfiffige "Zwischen-den-Zeilen-Leser" würden da fündig. Das spräche wiederum dafür, dass das Ganze doch noch nicht so bald kommt. Und dass mehr Zeit wäre für Minister, sich zupackend zu zeigen.