
Der Kampf der Systeme im großen Finale
Die Welt
Gemessen an den Stereotypen des Fußballs, sind England und Italien auf völlig unüblichen Wegen ins EM-Finale vorgedrungen. Der Mitgastgeber entdeckt ein kaum zu bezwingendes Defensivbollwerk für sich, die Squadra Azzurra verblüfft mit ungeahnter Spielfreude.
Vor dem großen Finale gibt es im englischen Fußball ein neues Modewort. „Streetwise“, was so viel heißt wie: straßenköterschlau. Die Vokabel soll erklären, warum diesmal geklappt hat, was 55 Jahre lang nicht funktionieren wollte – der Einzug in das Endspiel eines großen Fußballturniers. Das Narrativ geht so: England scheiterte in der Vergangenheit nicht nur an Pech oder fehlenden technischen und taktischen Fertigkeiten, sondern an seiner Naivität. Diego Maradonas mythische „Hand Gottes“ 1986 bildete insofern nur den schillernden Auftakt. Verschlagene Gegner wie Diego Simeone (Argentinien 1998) oder Ricardo Carvalho (Portugal 2006) provozierten Platzverweise, derweil man selbst sich treudoof verpfeifen ließ (Portugal 2004, Deutschland 2010) oder bei einem Vorsprung nicht alle Register zur Spielverschleppung zog (Kroatien 2018). Nun aber sei auch England im internationalen Standard angekommen, und daher muss man sich für die umstrittene Flugeinlage Raheem Sterlings zum Halbfinalsieg gegen Dänemark auch nicht rechtfertigen, im Gegenteil: Sie wird zum patriotischen Akt der Cleverness.More Related News