Der große Punkschwindel
Die Welt
Bei jedem britischen Thronjubiläum seit 1977 werden auch die Sex Pistols gefeiert. In diesem Frühjahr mit einer Fernsehserie und einem Album voller Originalaufnahmen. Aber wird der Punk nach 45 Jahren noch verstanden?
Die Monarchie, erklärt der Punk mit dem orange gefärbten Haar, den schlechten Zähnen und den Augenrändern, habe ihn betrogen. Um die Zukunft. 45 Jahre später sieht John Lydon sich als Johnny Rotten selbst in einer Fernsehserie über die Sex Pistols seine Beschwerde vortragen. Er sagt, die Serie, sie heißt „Pistol“, stehle ihm seine Vergangenheit. So geht Geschichtsschreibung. Die Zeit holt einen immer wieder ein, wenn man einmal über die Königin gesungen hat: „God save the Queen / She ain’t no human being / There is no future / In England’s dreaming.“ Als, wie man so sagt, alternative Hymne.
Wie bei allen Krönungsjubiläen seit dem Frühling 1977 kommt in diesem Jahr wieder beides zusammen: These (Monarchie) und Antithese (Punk). Die Festwochen des Königreichs sind die Synthese. 45 Jahre „God Save the Queen“ am 27. Mai, die zweite Single von den Sex Pistols nach „Anarchy in the U.K.“, die Queen mit überklebtem Mund und überklebten Augen auf dem Cover, 1977 vom britischen Rundfunk boykottiert und in der ersten Wochen 150.000-mal verkauft, „God save the Queen / The fascist regime“. Und vom 2. bis 5. Juni dann auch 45 Jahre Silberjubiläum, also 70 Jahre Queen Elizabeth II., das bedeutet Platin und vier Feiertage mit Paraden, länger offenen Pubs und einer Party im Palast. Der Punk muss gar nicht eingeladen sein, er ist als Geist dabei.