Der einfühlsame Erzähler
Süddeutsche Zeitung
Der Regisseur Christian Görlitz ist tot. Er beherrschte das Leichte und das Schwere.
Er wusste, wie man mit schwierigen Figuren umgeht und Geschichten erzählt, die an die Schmerzgrenze gehen. Der Regisseur Christian Görlitz galt in der deutschen Fernsehlandschaft als einfühlsamer, gewissenhafter Erzähler, seit er mit dem Kinofilm "Das Ende vom Anfang" 1981 debütierte. Erst jetzt wurde bekannt, dass Görlitz bereits im Januar in seiner Heimatstadt Hamburg gestorben ist.
Große Resonanz bekam er zuletzt 2018 für seinen Film "Sieben Stunden": das Drama einer Psychotherapeutin (Bibiana Beglau), die einem Sexualstraftäter eine positive Prognose ausstellt und im Hochsicherheitsgefängnis anschließend von dem Mann vergewaltigt wird. Wie wird man Opfer und wie findet man aus der Opferrolle wieder heraus, was ist der Unterschied zwischen Rache und Gerechtigkeit: Solche grundlegenden Fragen stellte Görlitz in vielen seiner Filme. Auch das Erinnerungsbuch von Heinz Strunk "Fleisch ist mein Gemüse" war bei ihm in guten Händen, er machte daraus 2008 einen Kinofilm über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens.
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Görlitz, der Psychologie, Philosophie und Literaturwissenschaften studiert hatte, war immer ein unabhängiger Kopf, der das Leichte wie das Schwere beherrschte. Als Regisseur war er etwa für die ZDF-Familienserie "Unsere Hagenbecks" und Krimireihen wie "Anwalt Abel", "Kommissar Rex", "Bella Block" oder "Der Kriminalist" tätig. Für sein Psychokammerspiel "Freier Fall" mit Florian Martens und Josef Bierbichler erhielt er 1998 den Grimme-Preis in Gold. Die Schauspielerin Bibiana Beglau würdigt Görlitz als "zarten und klugen" Menschen: "Er hatte ein sehr großes kämpferisches Herz."