Der Anfechtungskünstler
Die Welt
Ray Liotta wusste, dass Leinwandschurken Vergnügen an der eigenen Bosheit haben sollten. Als Henry Hill verkörperte er in „Goodfellas“ die blutige Kehrseite des amerikanischen Glücksversprechens. Jetzt ist er so gestorben, wie es sich für einen Gangster gar nicht ziemt.
Die amerikanische Vertrauensfrage „Würden Sie von diesem Mann einen Gebrauchtwagen kaufen?“ ließ sich in seinem Fall nie zweifelsfrei klären. Er hätte potenzielle Käufer in ein Wechselbad der Reaktionen gestürzt. Sie hätten von einem entschiedenen „Nein!“ (zu dubios) über ein „Vielleicht“ (immerhin schien er das amerikanische Erfolgsstreben zu verstehen) bis zu einem „Warum eigentlich nicht?“ (sein Charme konnte diabolisch sein) reichen können.
Ray Liotta, der am Donnerstag im Alter von nur 67 Jahren starb, saß die Undurchschaubarkeit wie eine zweite Haut. Er erhob die Darstellung von Psycho- und Soziopathen zu einer schönen Kunst. Bei ihm war mit allem zu rechnen. „Something Wild“, der Originaltitel von „Gefährliche Freundin“, mit dem er 1986 seinen Durchbruch erlebte, war ein Versprechen, das er unermüdlich einlöste. In der Rolle des hartnäckigen Ex-Ehemanns von Melanie Griffith, war seine bezwingende Leinwandautorität schon vollends entwickelt.