De-facto-Bann von Transfrauen im Schwimmsport
DW
Eine neue Regel des Schwimm-Weltverbands FINA sorgt mit ihren strengen Vorschriften dafür, dass die meisten Transfrauen nicht bei Frauen-Wettbewerben auf höchstem Niveau starten dürfen.
Sollten Transfrauen in Frauen-Wettbewerben starten dürfen? Kein anderer großer Weltsportverband hat diese Frage bisher so restriktiv beantwortet wie die FINA. 71,5 Prozent der Delegierten stimmten bei einem außerordentlichen Kongress des Welt-Schwimmverbands am Sonntag für eine neue Regel: Transfrauen sind künftig nur startberechtigt, wenn sie ihre Geschlechtsanpassung bereits bis zum Alter von zwölf Jahren abgeschlossen haben. Außerdem soll ihr Testosteronspiegel dauerhaft unter 2,5 Nanomol pro Liter liegen.
"Ich verstehe, warum Transgender-Athleten in dem Geschlecht ihrer Wahl antreten wollen. Aber wir sollten keinen Athleten gegenüber einem anderen bevorzugen", sagte der Kuwaiter Husain Al-Musallam, Präsident der FINA. Die Entscheidung sorgte für einen Aufschrei der Empörung unter Transgender-Menschen. Daran änderte auch die Ankündigung des FINA-Chef nichts, dass eine Arbeitsgruppe des Verbands eine sogenannte "offene Kategorie" ausarbeiten solle. Niemanden solle gesagt werden, dass sie oder er "nicht an einem Wettkampf auf höchstem Niveau teilnehmen kann", so Al-Musallam.
Doch genau das bedeutet die neue Regel de facto: Die meisten Transfrauen werden durch die Details von den wichtigsten Schwimmwettbewerben ausgeschlossen, einschließlich der Olympischen Spiele. Eine abgeschlossene Geschlechtsanpassung bis zum zwölften Lebensjahr dürfte die große Ausnahme sein. In Deutschland zum Beispiel dürfen sogenannte Pubertätsblocker, der erste Schritt einer geschlechtsangleichenden Hormontherapie, erst ab einem Alter von etwa zwölf Jahren überhaupt verschrieben werden - und auch das nur unter strengen Auflagen. Eine Geschlechtsumwandlung per Operation wird nicht vor dem 18. Lebensjahr empfohlen.
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Auch den Testosteronwert hat die FINA vergleichsweise niedrig angesetzt. Zum Vergleich: Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat für Transathletinnen einen Höchstwert von zehn Nanomol pro Liter festgelegt, um an Frauenwettbewerben teilnehmen zu können. Dieser Wert darf mindestens zwölf Monate vor dem Wettkampf nicht überschritten worden sein. Beim Leichtathletik-Weltverband IAAF liegt der Grenzwert bei fünf Nanomol pro Liter.