
Das kleine Welttheater im Westerwald
Die Welt
Mariana Lekys Bestseller „Was man von hier aus sehen kann“ wurde verfilmt. Die Geschichte einer Buchhändlerin in einem Dorf voller Originale erzählt von Liebe, Tod und Schrulligkeit. Warum das lustig, cool und zum Heulen schön ist.
Und dann stirbt Großmutter Selma, sturztrocken gespielt von Corinna Harfouch, denn irgendwann hilft auch kein Mon Chérie und keine Arztserie mehr. Ihr inoffizieller Lebensgefährte, der spröde Optiker (Karl Markovics), hatte kurz zuvor noch all die Liebesbriefe über ihrem Sterbebett ausgekippt, die er über die Jahre heimlich an sie begonnen und wegen fieser innerer Stimmen nicht zu Ende geschrieben hat. In einer letzten Kraftanstrengung dankt Selma ihm dafür, dass er ihr „am Ende so viele Anfänge“ schenkt und ihr seine Liebe vorher nie gestanden hat, denn sonst hätten sie womöglich gar nicht zusammenleben können. Als es vorbei ist, lässt das nächste Filmbild Gnade walten: Es ist sowieso verschwommen. Heul.
Nicht erst seit der Bestatter-Serie „Das letzte Wort“, zu der Aron Lehmann drei der sechs Folgen inszeniert hat, fällt es leicht, dem verschrobenen und dennoch filigranen Zugriff dieses Regisseurs aufs realistische Erzählen zu vertrauen. Schon in seinem Erstling „Kohlhaas oder Die Verhältnismäßigkeit der Mittel“ kultivierte er durch sorgfältige Figurenarbeit und ein ironisches Erzählkonzept einen Humor, der entsteht, wenn beides liebevoll anerkannt und aufeinander losgelassen wird: die Beschränktheit menschlichen Strebens und die Unermesslichkeit irdischer Wünsche und Befürchtungen. Dass Lehmann jetzt also Mariana Lekys Bestseller „Was man von hier aus sehen kann“ adaptiert hat, in den sich seit seinem Erscheinen 2017 im eigenen Bekanntenkreis so ungefähr jede(r) Zweite verknallt hat, inklusive einem selbst, klingt, als könne dabei nichts schiefgehen.