Das Genua-Gen
Frankfurter Rundschau
Italien verneigt sich vor der Inspiration, die Trainer Roberto Mancini und sein Helfer Gianluca Vialli in die Squadra Azzurra getragen haben.
Es schien vor einigen Wochen ziemlich gewagt, die größte Fanzone von Rom zwischen seinen wichtigsten Sehenswürdigkeiten zu errichten. An der Via dei Fori Imperiali, wo normalerweise die Touristenströme von der Piazza Venezia zum Colosseo ziehen, wirken die blauen Aufbauten und die stählernen Absperrgitter an Tagen ohne EM-Spiele immer noch ziemlich deplatziert, aber im Nachhinein hätte es für die Übertragungen der Spiele der italienischen Nationalmannschaft keinen besseren Ort als das antike Machtzentrum geben können. Wo es einst Goethe wegen der Paläste, Säulen und Ruinen die Sprache verschlug, schreien nun die Tifosi alle paar Tage die Freude über die Auferstehung der Squadra Azzurra hinaus. Mit dem Einzug ins Endspiel gegen England (Sonntag 21 Uhr/ZDF) vereint das seit 33 Länderspielen ungeschlagene Ensemble endgültig das ganze Land hinter sich. Hätte das einer noch vor einem Jahr gesagt, man hätte ihm einst Größenwahn wie Caesar unterstellt. Europameister war der vierfache Weltmeister nur einmal. In der zweiten Auflage 1968, verblasste Erinnerungen. Den bislang letzten Titel heimste Italien bei der WM 2006 in Deutschland mit Defensivfußball alter Schule ein. Ihr bester Spieler: Fabio Cannavaro, ein Verteidiger-Gigant, Inbegriff des Catenaccio 2.0. Anderthalb Jahrzehnte später kreiert ein Kollektiv so viele kreative Momente, dass sich manch einer die Augen reibt. Ist das wirklich Italien? Aber tatsächlich, sie spielen so elegant, wie sich Nationaltrainer Roberto Mancini am Seitenrand durch den Scheitel fährt. Der 56-Jährige hat nach der Apokalypse der verpassten WM 2018 ein zauberhaftes Team erschaffen. Wer Italiener auf der Straße anspricht, kommt über den Fußball sofort wieder ins Gespräch. Grand Italia, Bella Italia, Forza Italia. Erhobener Daumen. Und sofort ein Lächeln auf den Lippen.More Related News