
Darum geht es beim EU-Afrika-Gipfel
DW
Vier Jahre sind seit dem letzten Gipfel von Afrikanischer Union und EU vergangen. Nun treffen sich die Staatschefs beider Kontinente in Brüssel. Sie haben viel zu besprechen, denn in den Beziehungen knirscht es.
Ursula von der Leyen will bei diesem Gipfel lieber nichts dem Zufall überlassen. Wenige Tage vor dem Spitzentreffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel steigt sie ins Flugzeug, um mit dem AU-Vorsitzenden Macky Sall persönlich letzte Details zu klären. "Unsere beiden Unionen teilen dieselbe Vision: die Vision eines gemeinsamen Raums der Stabilität und des Wohlstands. Auf diesem Gipfel müssen konkrete Mittel und Wege aufgezeigt werden, wie dies erreicht werden kann", sagt von der Leyen nach dem Gespräch im Senegal. Und schiebt als Zeichen des guten Willens gleich hinterher, dass die EU in den nächsten Jahren 150 Milliarden Euro für den Ausbau der afrikanischen Infrastruktur mobilisieren werde.
Die EU braucht ein erfolgreiches Treffen, weil es in den Beziehungen zur Afrikanischen Union schon lange kriselt. Der letzte Gipfel 2020 platzte - offiziell wegen Corona. Beobachter sehen in der Absage noch mehr. "Das war auch ein politisches Signal" sagt Niels Keijzer vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik zur DW.
Ein Signal vor allem aus Afrika, denn die Liste der Meinungsverschiedenheiten ist in den letzten Jahren immer länger geworden. Beispiel Wirtschaft: "Wir leben immer noch ein koloniales Modell, wo Afrika nur ein Exporteur von Rohstoffen ist", sagt Carlos Lopes, Professor an der Universität Kapstadt zur DW. "Es gibt sehr viel Frustration, die Afrika dazu drängt, nach neuen Partnerschaften zu suchen, die zur Industrialisierung des Kontinents beitragen." Zum Beispiel mit China, Russland oder der Türkei, die ihren Einfluss auf dem Kontinent ausgebaut haben.
"Natürlich haben wir Unterschiede", zitierte die Website Politico auch AU-Kommissionschef Moussa Faki nach einem Treffen mit von der Leyen 2020. Zum Beispiel bei den Themen Internationale Strafgerichtsbarkeit, sexuelle Orientierung, Todesstrafe oder hinsichtlich der Rolle der AU in Krisen, so Faki damals. Die Corona-Pandemie hat die Situation zusätzlich verschärft: Vielen afrikanischen Staatschefs stößt es bitter auf, dass Afrika die Vakzine für Erstimpfungen fehlen, während Europa schon boostert. Es herrsche "Impfstoff-Apartheid", wetterte Südafrikas Staatschef Cyril Ramaphosa.
Die EU setzt mit einer Charmeoffensive und sehr viel Papier dagegen. "Die afrikanischen Länder und die AU würden lieber die bereits bestehenden Strategien umsetzen, während die EU einen größeren Fokus darauf gelegt hat, neue Pläne und Strategien zu entwickeln. Das hat manchmal zu Spannungen in den Beziehungen geführt", sagt Niels Keijzer.