Darmstadt: Stadt will klären, ob Darmstädter Wehrmachtssoldaten Kriegsverbrechen begangen haben
Frankfurter Rundschau
Stadt und TU Darmstadt untersuchen Vorwürfe gegen das Darmstädter Regiment 115. Eine Infotafel am Leibgardistendenkmal informiert über das neue Forschungsprojekt. Kritik kommt von Bündnis gegen Rechts.
Das Leibgardistendenkmal – ein von Lanzen aufgespießter bronzener Löwe, der abseits des Friedensplatzes steht – sorgt in Darmstadt seit Jahren für Diskussionen. Während die Kameradschaft der Leibgardisten dort alljährlich der Gefallenen gedenkt, fordert das Bündnis gegen Rechts, dass die Stadt endlich Infotafeln anbringen soll, die auf die von Darmstädter Soldaten begangenen Verbrechen im Zweiten Weltkrieg hinweisen. In einem Buch, das Mitglieder des Bündnisses gemeinsam mit dem Hamburger Historiker Hannes Heer 2018 veröffentlicht haben, legen sie dar, wie Angehörige des Darmstädter Schützenregiments 115 unter Rommel in Afrika kämpften, in Italien zum Einsatz kamen und an der Ostfront eingesetzt wurden. Alle genannten Einheiten seien an den Verbrechen der Wehrmacht beteiligt, wie zahllose Dokumente belegten, schreiben sie. Doch so einfach ist die Sache nicht, findet die Stadt und hat ein eigenes Forschungsprojekt gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Darmstadt und dem Deutschen Polen-Institut ins Leben gerufen. Es soll zwei Jahre laufen. „Wir wollen das aufarbeiten“, sagte Oberbürgermeister Jochen Partsch (Grüne) am Donnerstag bei der Enthüllung einer ersten Infotafel am Denkmal, die über das Projekt informiert. Aber es sei „wichtig, akribisch vorzugehen und verschiedene Seiten zu betrachten“. Es gebe bereits „Vorarbeiten“. Mit der historischen Aufarbeitung ihrer Nazi-Vergangenheit hat die Stadt bereits Erfahrung: 2014 wurden die Ehrengräber beleuchtet und teilweise aberkannt, wenn eine Nähe zum Nationalsozialismus erwiesen wurde, und 2019 widmete man sich Straßennamen – unter anderem der Hindenburgstraße – und beschloss die Umbenennung von acht Straßen in der Stadt. Dass die Wehrmacht Kriegsverbrechen begangen habe, sei unstrittig, sagte OB Partsch. Jedoch müsse nachgewiesen sein, dass daran Darmstädter Soldaten beteiligt waren, bevor man eine entsprechende Tafel anbringe.More Related News